Kurz vor Weihnachten wird es in den meisten Unternehmen ruhiger. Nicht so bei der Deutschen Post. Für den Logistikriesen sind die Tage vor dem Fest im wahrsten Sinne des Wortes Schwerst­arbeit: Die Zahl der Lieferungen wird sich in der Spitze mehr als verdoppeln auf elf Millionen Pakete am Tag. Rund 10.000 zusätzliche Kräfte sollen sicherstellen, dass alles rechtzeitig ankommt. Durch ein starkes Schlussquartal will die Deutsche Post ihren operativen Gewinn 2019 auf mehr als vier Milliarden Euro verbessern. Gegenüber dem stark durch Sondereffekte belasteten Vorjahresergebnis würde das auf einen Anstieg von über 30 Prozent hinauslaufen.

Die Post gehört zu den großen Gewinnern des Börsenjahres: Anleger haben die Verbesserungen im operativen Geschäft mit einem Kursgewinn der Aktie von rund 50 Prozent belohnt. Für viele andere DAX-Mitglieder ist das Jahr komplizierter verlaufen. Bei fast der Hälfte der Unternehmen dürfte der operative Gewinn 2019 sinken.

Am schlimmsten hat es die Deutsche Bank erwischt. Aufgrund hoher Re­struk­turierungskosten dürfte der einstige Finanzriese der einzige DAX-­Konzern sein, der das Jahr mit einen operativen Verlust beendet. Für den Gesamt­index wird es auf Basis der Analysten­schätzungen einen leichten Gewinnrückgang geben. Das wäre angesichts der schwierigen makroökonomischen Lage dennoch ein Erfolg für die deutschen Topkonzerne.

Der unangefochtene Riese bleibt Volkswagen. Fast 18 Milliarden wird der Autokonzern in diesem Jahr vor Sonder­einflüssen operativ verdienen. Auch Allianz und Deutsche Telekom dürften einen zweistel­ligen Milliardenbetrag erwirtschaften. Mit BMW und Daimler befinden sich zwei weitere Autokonzerne unter den Top 10 der Gewinnrangliste. Das zeigt die Bedeutung der PS-Branche für Deutschland und den DAX.

Der wichtigste Kurstreiber


Auf lange Sicht sind die Unternehmensgewinne der wichtigste Kurstreiber für die Aktienmärkte. Über kürzere Distanzen hingegen entwickeln sich die Kurse hektischer als die Fundamentaldaten. Gemessen an der Gewinnentwicklung hätte sich der DAX in diesem Jahr eigentlich seitwärts bewegen müssen. Die Kursgewinne des Index sind durch höhere Bewertungskennziffern erkauft worden. Das verdeutlicht das Kurs-Gewinn-Verhältnis: Zu Jahresbeginn wurde der DAX mit dem Elffachen der für die kommenden zwölf Monate erwarteten Unternehmensgewinne bewertet - inzwischen steht das Vielfache bei 14. Der DAX ist also deutlich teurer geworden. Das erhöht den Druck auf die Unternehmen, den Optimismus der Börse im neuen Jahr zu bestätigen.

Die höchsten Wachstumsraten im Index weist Wirecard aus. Analysten trauen der Techfirma auch im kommenden Jahr ein Gewinnwachstum von mehr als einem Drittel zu. Überschattet wird das durch Berichte der "Financial Times" über angebliche Unregelmäßigkeiten in der Bilanz. Wirecard hat die Vorwürfe zurückgewiesen und angekündigt, die Bücher von unabhängigen Wirtschaftsprüfern durchleuchten zu lassen. Solange die Bedenken nicht aus der Welt sind, spielen die Geschäftszahlen für die Aktienkursentwicklung eine untergeordnete Rolle.

Ein bemerkenswertes Comeback erleben die Energiekonzerne: Eon und RWE wurden durch die staatlich verordnete Energiewende einst auf dem falschen Fuß erwischt. Nach Jahren mit sinkenden Erträgen ist jetzt die Wende geschafft. Beide Konzerne haben sich neu aufgestellt. RWE will stärker auf Ökostrom setzen. Erneuerbare Energien sollen in Zukunft rund 60 Prozent des Gewinns ausmachen. Eon konzentriert sich auf das Netz- und das Endkundengeschäft. Dadurch sind die einstigen Rivalen klar voneinander getrennt. Bei beiden erwarten Analysten im neuen Jahr zweistellige Gewinn­steigerungen.

Eine Turnaround-Spekulation sind die beiden Nobelmarken aus dem Automobilsektor. Während sich Volkswagen gut behaupten konnte, sind die Gewinne bei BMW und Daimler 2019 eingebrochen. Schon im dritten Quartal aber haben beide die Kurve gekriegt und ihren Gewinn nach schwachem erstem Halbjahr verbessern können.

Bereits seit Langem zuverlässige Wachstumsraten liefern der Sportartikelhersteller Adidas und der Triebwerkshersteller MTU Aero Engines. Beide haben starke Marktpositionen in Branchen, die nur wenig von der großen Wirtschaftslage abhängen. Analysten sehen bei Adidas und MTU im neuen Jahr Gewinnsteigerungen von zehn Prozent. Und das ganz ohne Drama.

Investor-Info

Deutsche Post
Gute Mischung


Der Logistikriese hat sich nach dem schwachen Vorjahr deutlich verbessert. Geholfen haben auch die Porto-Erhöhungen. Vier bis 4,3 Milliarden Euro will der Konzern in diesem Jahr operativ verdienen. Die Konsensschätzung liegt in der Mitte. 2020 will die Post einen operativen Ertrag von mehr als fünf Milliarden Euro einfahren. Die Dividende dürfte um fünf Cent auf 1,20 Euro je Aktie steigen. Das Papier bietet eine gute Mischung aus Wachstum und Dividende.

MTU Aero Engines
Verlässlicher Aufstieg


Der Triebwerksbauer rechnet im kommen- den Jahr mit einem Anstieg des operativen Ergebnisses im hohen einstelligen Prozent­bereich. Das würde auf einen neuen Firmenrekord hinauslaufen. MTU profitiert von der großen Nachfrage nach umweltschonenden Flugzeugen. Neben dem Neugeschäft bringen Wartungsaufträge und Reparaturen zuverlässige Einnahmen. Die Aktie ist über das Allzeithoch ausgebrochen.

RWE
Scharfe Wende


Der Energiekonzern hat eine schwere Zeit hinter sich: Der Nettogewinn ist in den Jahren 2014 bis 2018 um 80 Prozent geschrumpft, zwei Mal in dieser Zeit stand unter dem Strich sogar ein Minus. In neuer Aufstellung sollte der Konzern wieder wachsen. Analysten erwarten für das neue Jahr einen Anstieg des bereinigten Gewinns je Aktie um knapp zwölf Prozent. Als Dividende für 2019 sollen Aktionäre 80 Cent je Aktie bekommen.