Auch der frühere DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt ist demnach betroffen. Mehr als 50 Beamte durchsuchten Geschäftsräume des DFB in Frankfurt und Wohnungen der Beschuldigten. Bei der Razzia wurden Unterlagen und Daten sichergestellt. Die von Reuters kontaktierten Anwälte der drei Funktionäre waren für eine Stellungnahme zunächst nicht erreichbar.

Damit weitet sich die Affäre um mögliche Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe der Weltmeisterschaft in Deutschland aus und der Druck auf DFB-Präsident Niersbach steigt. Im Fokus der Ermittler steht ein Geldtransfer von 6,7 Millionen Euro vom deutschen WM-Organisationskomitee (OK) an den Fußball-Weltverband Fifa. Die Steuererklärungen dazu seien unrichtig und deswegen zu wenig Abgaben für das Jahr 2006 gezahlt worden. Zuletzt waren Vorwürfe laut geworden, beim OK habe es eine "schwarze Kasse" gegeben, mit der Stimmen bei der Fifa für die Vergabe der WM gekauft worden sein könnten. Durch die Affäre droht dem deutschen Fußball großer Schaden, der mit auch international als "Sommermärchen" gefeierten WM einen Aufschwung erlebte. Auch auf die Chancen des DFB, die Europameisterschaft 2024 auszurichten, hat sie womöglich Folgen - ebenso wie für Hamburgs Bewerbung um die Olympischen Spiele im gleichen Jahr.

Die Zahlung des OK im Frühjahr 2005 für eine Kostenbeteiligung an einem Kulturprogramm im Rahmen der Fußball-WM 2006 wurde der Staatsanwaltschaft zufolge als Betriebsausgabe steuermindernd angemeldet. Tatsächlich habe ihr aber ein anderer Zweck zugrunde gelegen und sie hätte daher nicht als abzugsfähige Betriebsausgabe geltend gemacht werden dürfen. Dadurch seien Körperschafts- und Gewerbesteuern sowie Solidaritätszuschlag "in nicht unerheblicher Höhe" verkürzt worden, sagte Staatsanwältin Nadja Niesen. In einem solchen Fall drohten Haftstrafen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Weiter in Betracht kommende Tatvorwürfe der Untreue sowie der Bestechung im internationalen Geschäftsverkehr würden wegen Verjährung nicht verfolgt. "Bild" hatte zuerst über die Razzia berichtet.

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GRÜNE: DFB SCHIESST KLASSISCHES EIGENTOR



Der DFB sicherte den Ermittlern seine Unterstützung zu. Er werde bei der Klärung der Vorwürfe vollumfänglich kooperieren, erklärte der Verband in einer ersten Reaktion. Er betonte, dass die Ermittlungen auf den Verdacht einer Steuerstraftat begrenzt seien und der DFB selbst nicht Beschuldigter des Verfahrens sei.

Der Grünen-Sportpolitiker Özcan Mutlu forderte den DFB auf, reinen Tisch zu machen. Auch personelle Konsequenzen seien wohl nötig. Der Korruptionsskandal bei der Fifa habe dem DFB die Chance eröffnet, den internationalen organisierten Fußball neu aufzustellen. Nun zeige sich, dass der größte nationale Fußballverband schon an einem sauberen Fußball in Deutschland gescheitert sei. "Ein klassischer Fall von Eigentor! Das kommt davon, wenn man keine Transparenz und Aufklärung schafft", erklärte er auf Twitter.

Als erster DFB-Hauptsponsor meldete sich Mercedes-Benz zu Wort: "Wir beobachten die Entwicklungen genau und erwarten eine lückenlose Aufklärung", erklärte Daimler. Adidas wollte sich nicht äußern.

Im Mittelpunkt der Affäre steht die dubiose Zahlung von 6,7 Millionen Euro. Nach Darstellung von Niersbach wurde diese Summe 2004 an die Fifa überwiesen. Dies sei eine Voraussetzung für einen Zuschuss des Weltverbandes von 250 Millionen Franken (170 Millionen Euro) an die WM-Organisatoren gewesen, sagte Niersbach bei einer Pressekonferenz im Oktober. Weil das OK damals aber noch mittellos gewesen sei, sei der französische Millionär und frühere Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus eingesprungen, der mittlerweile verstorben ist. Niersbach gehörte wie Zwanziger und Schmidt dem von Franz Beckenbauer geleiteten OK in einer führenden Rolle an. Er erklärte wiederholt, dass bei der WM-Vergabe alles mit rechten Dingen zugegangen sei. Sein Verhältnis zu Zwanziger gilt allerdings seit längerem als zerrüttet.

Der "Spiegel" hat die Zahlung auf die Zeit vor der WM-Vergabe datiert und sie als "schwarze Kasse" interpretiert. Dass damit Stimmen in der Fifa-Führung gekauft wurden, um die WM nach Deutschland zu holen, haben Niersbach und Beckenbauer zurückgewiesen. Deutschland hatte sich bei der WM-Vergabe im Jahr 2000 mit 12:11 Stimmen knapp gegen Südafrika durchgesetzt. Zwanziger hatte zuletzt schwere Vorwürfe gegen Niersbach erhoben und ihn der Lüge bezichtigt. Es habe eindeutig eine "schwarze Kasse" bei der deutschen WM-Bewerbung gegeben, sagte er jüngst dem "Spiegel". Zudem habe Niersbach schon länger davon gewusst, als er es eingeräumt habe. "So wie ich das sehe, lügt Niersbach", sagte Zwanziger.

Reuters