Tesla-Boss Elon Musk ist zuletzt ziemlich dünnhäutig geworden. Bei der Telefon-Konferenz zu den Zahlen Anfang Mai hatte der 47jährige Unternehmensgründer Analysten unerwartet heftig angeblafft. Erst fuhr er den Bernstein-Analysten Antonio M. Sacconaghi an. "Langweilige, dumme Fragen sind nicht cool", beschied Musk den verdutzten Analysten. Dabei hatte der nur um Aufklärung zur Kapitalausstattung gebeten.

Dann knöpfte sich der schillernde Multi-Milliardär auch noch Sacconaghis Kollegen Joseph Spak vor. Der wollte vom Tesla-Boss wissen, wie viele Tesla-Kunden des Model 3 ihr Auto denn auch tatsächlich erhalten hatten. Erst schwieg Musk demonstrativ, dann ließ er Spak beinhart auflaufen: "Wir machen mit Youtube weiter. Sorry, diese Fragen sind so trocken. Die bringen mich um."

Am Mittwoch war wieder Showtime, aber dies Mal gab sich der Unternehmer mit der kurzen Lunte handzahm. Erst entschuldigte er sich bei den Analysten für seinen irritierenden Auftritt drei Monate zuvor. Dann drehte er richtig auf. Im zweiten Halbjahr werde Tesla "nachhaltig profitabel sein", kündigte Musk vollmundig an.

Seine Zuversicht gründete Musk auf steigende Produktionszahlen des Tesla 3. Bis Ende August sollen wöchentlich 6000 Einheiten des neuen E-Mobils für den elektrischen Massenmarkt vom Band rollen. Dann soll zügig die Marke von 10.000 Einheiten pro Woche erreicht werden. Ab 7000 Fahrzeugen, teilte Tesla per Aktionärsbrief vorsorglich mit, sei die Produktion dauerhaft profitabel.

Neben der Kunde von steigenden Produktionszahlen hatte Musk am Mittwoch auch noch weniger katastrophale Zahlen im Gepäck als gedacht. Insgesamt versenkte der E-Autopionier im abgelaufenen Quartal nur 742,7 Millionen Dollar. Das war zwar gut doppelt so viel wie im Vorjahr. Aber Analysten hatten sich auf 900 Millionen Dollar Miese eingestellt. Immerhin: Beim Umsatz sah es dies Mal gut aus. Von April bis Juni steigerte die Auto-Sparte ihre Erlöse gleich um 47 Prozent auf 3,35 Milliarden Dollar.

Musks Optimismus und der geringer als erwartet ausgefallene Verlust brachte Investoren ordentlich auf Touren. Nachbörslich trieben sie die Tesla-Aktie um satte elf Prozent nach oben. Dabei bleiben gleich mehrere große Fragezeichen.

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Warum Anleger bei Tesla vorsichtig sein sollten



Anleger sollten sich von der jüngsten Quartalsmeldung nicht beirren lassen. Denn das Auto-Startup aus dem Silicon Valley ist noch längst nicht über den Berg. Da ist zunächst die mangelhafte Prognose-Qualität der Musk-Truppe. So sollte beim Model 3 die Marke von 10.000 Einheiten eigentlich bereits im laufenden Jahr geknackt werden. Nun soll es 2019 so weit sein.

Ohnehin hat das junge Unternehmen die Herausforderung einer Serienfertigung von E-Autos völlig unterschätzt. Seit gut einem Jahr hatte der Konzern immer wieder angekündigt, die Marke von 5000 Einheiten pro Woche erreichen zu wollen - und das Ziel immer wieder nach hinten verschoben.

Vor allem der richtige Mix zwischen Automatisierung und Handarbeit hat das Unternehmen in die Bredouille gebracht. Im Frühjahr war die Situation im Werk in Freemont so verfahren, dass Tesla eine komplette neue Fertigungsstraße aus Deutschland einfliegen ließ. Auf dem Parkplatz am Firmengelände ließ Musk ein Produktionszelt aufbauen, um die Produktion endlich zum Laufen zu kriegen. Doch die Zweifel daran, dass das Unternehmen die Fertigung jetzt endlich im Griff hat, bleiben. Er sei "besorgt über Qualitätsprobleme und die Leistungsfähigkeit im Service-Geschäft", sagte etwa David Kudla, Chef von Mainstay Capital Management am Mittwoch.

Für Strinrunzeln unter Analysten sorgen auch die Verkaufszahlen für die übrigen Modelle. Das populäre Model S stagnierte im ersten Halbjahr bei 21.450 Einheiten, die Verkäufe des Model X sanken gar um knapp elf Prozent auf 22.669 Fahrzeuge. Die rückläufigen Auslieferungszahlen legten "den Verdacht nahe, dass Tesla viele Ressourcen von den Modellen X und S abgezogen hat, um höhere Produktionszahlen des Model 3 Ausweisen zu können", warnte denn auch NordLB-Autoanalyst Frank Schwope am Donnerstag.

Auch im Rennen mit den etablierten Herstellern wird es für Tesla künftig deutlich schwieriger. Der Nimbus des Pioniers ist allmählich aufgezehrt. Zudem rüsten Audi, BMW Mercedes-Benz und Co. mit milliarden-schweren E-Auto-Offensiven zum Gegenschlag. Noch im September sollen die stromgetriebenen SUVs von Audi und Mercedes-Benz ihre Weltpremieren feiern. Statt wie ursprünglich geplant in Barcelona, will Audi den eTron nun in San Francisco und damit in Teslas Vorgarten präsentieren. Beobachter sehen darin eine offene Kampfansage an die Kalifornier.

Verschärft wird die Lage noch durch die Finanzausstattung von Tesla. Per Ende Juni hatte das Unternehmen gerade noch 2,2 Milliarden Dollar cash - so wenig wie seit Anfang 2016 nicht mehr. Angesichts der finanziellen Engpässe und der immer lauter werdenden Kritik von Investoren an der Geldverbrennungsmaschinerie hat Musk die Investitionen im laufenden Jahr bereits radikal zusammengestrichen. Statt des ursprünglich geplanten Werts von über 3,4 Milliarden Dollar will der Konzern jetzt weniger als 2,5 Milliarden Dollar in die Hand nehmen. Aber wie bei einem so drastisch gekürzten Budget die Produktionsausweitung beim Model 3, die Entwicklung des neuen Crossovers Model Y, des angekündigten E-Trucks Semi sowie der Bau neuer Werke in China und Europa möglich sein sollen, ist derzeit offen.

Wie ernst die finanzielle Lage hinter den Kulissen ist, offenbart auch ein gerade erschienener Bericht des Wall Street Journal. Danach hatte Tesla unlängst seine Lieferanten gebeten, einen Großteil des seit 2016 gezahlten Gelds zurückzuerstatten, um dem Konzern dabei zu helfen, endlich profitabel zu werden.

Und als wäre das alles nicht schon schlimm genug, ist da auch noch die astronomische Bewertung. An der Börse kostet Tesla aktuell rund 43,2 Milliarden Euro - für ein Unternehmen, das in den vergangenen Jahren insgesamt rund 16 Milliarden Dollar Miese gemacht hat.

So lange das Unternehmen nicht tatsächlich nachhaltig schwarze Zahlen schreibt, bleiben wir bei unserer Einschätzung. Verkaufen.