Im ersten Geschäftsquartal (Ende Dezember) konnte das Unternehmen sein operatives Ergebnis auf 247 Millionen Euro mehr als verdoppeln, wie es am Freitag in Essen mitteilte. Dazu trug vor allem die Problemsparte mit den Stahlwerken in Übersee bei, die ihren Verlust drastisch verringerte. Unter dem Strich blieb der Konzern aber noch in den roten Zahlen.

    Ein bereits angekündigter Verlust bei der geplanten Rückübertragung von Teilen der früheren Edelstahltochter führte zu einem Konzernfehlbetrag von 69 Millionen Euro. Vor einem Jahr lag der Verlust bei 16 Millionen Euro. Finanzchef Guido Kerkhoff äußerte sich in einer Telefonkonferenz dennoch zufrieden: "Wir haben im ersten Quartal alle unsere Finanzziele erreicht oder übertroffen."

PROGNOSE BESTÄTIGT

    Für das Gesamtjahr sieht sich der Vorstand auf Kurs zu seinen Zielen. Im laufenden zweiten Quartal soll der operative Gewinn weiter steigen. Für das Gesamtjahr hat sich ThyssenKrupp eine Steigerung um rund 400 Millionen Euro auf rund eine Milliarde Euro vorgenommen. Nach drei Milliardenverlusten in Folge will sich ThyssenKrupp unter dem Strich wieder in Richtung eines ausgeglichenen Ergebnisses bewegen. Die Börse glaubt an die Trendwende. Die Aktie legte am Freitagvormittag zeitweise mehr als 3,5 Prozent zu und erreichte den höchsten Stand seit zwei Jahren.

    Die im Dezember durchgezogene Kapitalerhöhung verschaffte dem hochverschuldeten Unternehmen etwas Luft. Die Nettoschulden gingen auch dank Anzahlungen für einige Großaufträge im Quartal von 5 auf 4,5 Milliarden Euro zurück. Einen Rückschlag kündigte der Konzern beim operativen Geldfluss im laufenden Quartal an. Der Cashflow werde mit einem dreistelligen Millionenbetrag negativ sein, sagte Kerkhoff. Gründe sind unter anderem Zinszahlungen und der Aufbau von Vorräten. Am Ziel, für das Gesamtjahr im operativen Geschäft einen ausgeglichenen Zahlungsfluss zu erreichen, hielt der Manager aber fest. Im vorigen Geschäftsjahr hatte ThyssenKrupp mit 600 Millionen Euro erstmals seit sechs Jahren wieder mehr Geld eingenommen als ausgegeben.

STAHLWERKE IN ÜBERSEE BAUEN VERLUSTE AB

    Als Stütze erwies sich im abgelaufenen Quartal wieder das Industriegütergeschäft mit dem Autozulieferbereich, der Aufzugsparte sowie dem Großanlagenbau. Es steigerte den operativen Gewinn um 17 Prozent auf 412 Millionen Euro. Dagegen kämpft der Werkstoffbereich weiter mit niedrigen Preisen und starkem Wettbewerb. Die europäische Stahlsparte verdiente nur noch 19 Millionen Euro, über ein Drittel weniger als vor einem Jahr. Die amerikanische Stahlsparte reduzierte ihre Verluste von 122 auf 17 Millionen Euro. Das lag unter anderem daran, dass die Anlagen technisch besser liefen und die Auslastung höher war. Zudem profitierte ThyssenKrupp vom Verfall der brasilianischen Währung.

    Die verlustreiche amerikanische Stahlsparte, die hauptsächlich für die Misere bei ThyssenKrupp verantwortlich ist, muss der Konzern in diesem Jahr wieder als fortgeführte Aktivität zu seinem Kerngeschäft rechnen, nachdem der Komplettverkauf Ende November nach langen Verhandlungen gescheitert war. Die Essener fanden lediglich für das Weiterverarbeitungswerk im US-Bundesstaat Alabama einen Käufer. Das Geschäft soll voraussichtlich im laufenden Quartal abgeschlossen werden. Von da an wird die amerikanische Stahlsparte nur noch aus dem Werk in Brasilien bestehen, dessen Verkauf ThyssenKrupp zumindest vorerst auf Eis gelegt hat.

VERLUST BEI RÜCKNAHME VON EDELSTAHL-TEILEN

    Noch nicht wieder zum Konzern gehören die Edelstahlaktivitäten, die ThyssenKrupp vom Outokumpu-Konzern wegen dessen finanzieller Probleme zurücknimmt. Die komplizierte Rückabwicklung und die damit verbundene Entflechtung von dem finnischen Unternehmen drückte aber schon jetzt auf die Bilanz. Die Essener mussten einen Verlust auf ihre bisherige Beteiligung an Outokumpu verbuchen. In wenigen Wochen soll die Rücknahme des Werks im italienischen Terni und des Spezialherstellers VDM vollzogen sein.

dpa-AFX

Unsere Einschätzung zur Aktie:

Der größte deutsche Stahlkonzern muss weiter an seinen Baustellen arbeiten. Das Stahlwerk in Brasilien hat im ersten Geschäftsquartal zwar nicht mehr so stark belastet, wie im Vorjahr. Wann die Stahlkonjunktur anspringt, ist aber noch nicht abzusehen. Die Umsetzung der Strategie des Vorstands, die Abhängigkeit vom zyklischen Stahlgeschäft zugunsten des stabileren Anlagenbaus zu reduzieren, braucht viel Zeit. In der Bewertung stecken jede Menge Vorschusslorbeeren. Aber die Aktie hat derzeit großes Momentum. Spekulativ kaufen. Stopp auf 18,20 Euro nachziehen. Stephan Bauer