Allerdings sind es nicht nur hausgemachte Probleme, mit denen die Branche zu kämpfen hat. Vielmehr gibt es europaweit Herausforderungen zu bestehen. Politischen Gegenwind für den Sektor gibt es auch im Ausland. So steigt auch dort das Angebot von Energie durch mehr Erneuerbare Energie und eine möglicherweise höhere Nachfrage durch eine etwas bessere Konjunktur wird kompensiert durch eine steigende Energieeffizienz. Die Energiepreise dürften vor diesem Hintergrund nicht allzu viel Luft nach oben haben. Die Analysten der Société Générale sehen die Branche deshalb 2014 mit den gleichen Problemen wie 2013 konfrontiert. In einer Studie bezeichnen sie das Umfeld jedenfalls als weiterhin herausfordernd und geprägt von wachsenden politischen Risiken.
Bei der Société Générale wird der Sektor deshalb aus Anlegersicht nur als neutral eingestuft. Allerdings sind diese Probleme inzwischen auch allgemein bekannt. Ihre Existenz hat dazu geführt, dass die europäischen Versorgeraktien in den vergangenen fünf Jahren rund 17 Prozent an Wert verloren haben.
Daraus ergibt sich theoretisch Erholungspotenzial. Doch es ist zu bedenken, dass der Gewinnrückgang in der genannten Fünfjahres-Zeitspanne mit 37 Prozent noch stärker ausgefallen ist als der Kursrückgang. Nachdem die Gewinne auch im Vorjahr gefallen sind, die Kurse europäischer Versorgeraktien im Schnitt aber zulegten, sind die Bewertungen absolut betrachtet bereits wieder gestiegen.
Im relativen Vergleich mit dem Gesamtmarkt ergibt sich zwar laut Citibank ein Bewertungsabschlag von sechs Prozent. Doch das entspricht dem historischen Durchschnitt. Außerdem sind die Gewinnaussichten für den Sektor nicht allzu rosig. Laut Citibank kann von 2013 bis 2015 in Europa im Schnitt nur mit einem Gewinnplus von 3,2 Prozent gerechnet werden.
Auf den nächsten Seiten verraten wir, was alles das für die Aktien von E.ON und RWE in diesem Jahr bedeuten könnte. Zudem werden auch noch zwei europäische Versorger vorgestellt, deren Aktienkurse sich bereits wieder im Aufwind befinden.
Versorger-Aktie Nummer eins: E.ON (WKN: ENAG99, 13,655 Euro)
Die deutsche Energiewende setzt auch der Düsseldorfer E.ON stark zu. Deutlich wird das am Aktienkurs von Deutschlands größtem Energiekonzern, der im Strom- und Gasgeschäft entlang der gesamten Wertschöpfungskette tätig ist. Die Notiz ist meilenweit entfernt von dem im Januar 2008 aufgestellten Rekordhoch von 50,93 Euro. Dieser hohe Abstand zu den ehemaligen Rekorden wird bei einem gleichzeitig haussierenden Dax künftig vermutlich verstärkt "Schnäppchenjäger" aus der Reserve locken. Zu dieser Annahme verleitet auch die Tatsache, dass an der Börse im Zuge von Branchenrotationen erfahrungsgemäß immer wieder einmal eine "andere Sau durchs Dorf getrieben" werden wird, um die Hausse in Gang zu halten.
Fundamental spricht derzeit aber noch nicht allzu viel dafür, dass es gerechtfertigt wäre, wenn E.ON vom diesem Treiben erfasst würde. Der Umsatz in den ersten drei Monaten des Geschäftsjahres 2013 sank jedenfalls um fünf Prozent und der nachhaltige Konzernüberschuss, der maßgeblich ist für die Dividendenausschüttung, ging um 53 Prozent zurück. Im dritten Quartal fuhr das Unternehmen sogar einen Konzernfehlbetrag von 440 Millionen Euro ein und die Jahresprogose für 2013 wurde gesenkt. Das ist inzwischen zwar Schnee von gestern, aber auch 2014 ist voraussichtlich noch nicht wieder mit steigenden Gewinnen zu rechnen. Zumindest sieht die Citibank die Gefahr einer erneuten Gewinnwarnung.
Optimistischer ist dagegen Goldman Sachs. Die Analysten dort gehen davon aus, dass die von E.ON und anderen Branchenvertretern angekündigt Schließung von Kraftwerken zu steigenden Energiepreisen führen werden. Den Berechnungen zufolge würde ein Preisanstieg von zehn Euro je Megawattstunde den Gewinn je Aktie für 2015 um 34 Prozent erhöhen. Kommt es dazu, könnte das in der Tat als Kurskatalysator fungieren. Auf der Basis aktueller Gewinnschätzung beträgt das KGV aber 13,4, woraus sich nicht allzu viel Kurspotenzial ableiten lässt. Besser als der Markt abschneiden dürfte der Titel erst dann, wenn sich tatsächlich auch eine Gewinnwende abzeichnet. Kurzfristig darf man gespannt sein, was demnächst zum eingeleiteten Rückzug aus Südeuropa und zur Expansion in Ländern wie Großbritannien, Schweden, Deutschland oder Russland berichtet wird. Denn dazu zählt auch die Übernahme von zwei Regionalversorgern in der Türkei, was wegen der jüngsten Schwäche der türkischen Lira eine Belastung darstellen könnte.
Versorger-Aktie Nummer zwei: RWE Stämme (WKN: 703712, 26,955 Euro)
Was die Entwicklung des Aktienkurses angeht, steht RWE ähnlich da wie E.ON. Der Abstand zum Rekordhoch von 100,64 Euro, das ebenfalls im Januar 2008 aufgestellt wurde, ist riesengroß. Auch bei der Geschäftsentwicklung gibt es bei dem Essener DAX-Vertreter große Parallelen zum Düsseldorfer Konkurrenten. Deutschlands zweitgrößter Energieversorger, dessen Geschäftsaktivitäten die Erzeugung, Handel, Transport und Vertrieb von Strom und Gas umfassen konnte in den ersten neun Monaten 2013 den Umsatz zwar um vier Prozent erhöhen, das nachhaltige Nettoergebnis auf Vorjahreshöhe halten und für das Gesamtjahr ein nachhaltiges Nettoergebnis von 2,4 Milliarden Euro bestätigen. Doch für 2014 rechnet RWE mit einem fast um die Hälfte niedrigeren nachhaltigen Nettoergebnis.
Zudem wurde eine Halbierung der Dividende auf einen Euro je Aktie angekündigt. Wobei die Citibank weitere negative Überraschungen bei Gewinnprognose und Dividende nicht ausschließen will. Wie bei E.ON rät man deshalb dazu, die mit einem Kursziel von 22,50 Euro versehene RWE-Aktie zu meiden. Eine Belastung stellt auch die Verschuldung dar, was das Unternehmen auch anfällig im Falle eines anziehenden Zinsumfeldes macht. Zudem steht deshalb selbst für Investitionen in Zukunftsgeschäfte wie dem Ökostrom nur begrenzt Kapital zur Verfügung. Immerhin wird die Aktie mit einem geschätzten KGV von 10,6 für 2014 unter dem europäischen Branchenschnitt bewertet. Dafür liegt aber auch die erwartete Dividendenrendite von knapp vier Prozent unter dem europaweiten Durchschnitt von 5,4 Prozent.
Das Anlagefazit fällt unter dem Strich ähnlich aus wie für E.ON. Im Kurs steckt schon viel Negatives drin, nachhaltig besser abschneiden als der Gesamtmarkt kann dieser Titel aber voraussichtlich erst dann, wenn sich andeutet, dass der Gewinnboden tatsächlich erreicht ist. Kurzfristig hängen die weiteren Aussichten zudem davon ab, welcher Verlaufspreis für die Öl- und Gastochter DEA erzielt werden kann und wie natürlich davon, wie am 04. März die Zahlen für das Geschäftsjahr 2013 ausfallen werden.
Versorger-Aktie Nummer drei: REN-Redes Energeticas Nacionais SGPS (WKN: A0MVJA, 2,54 Euro)
Ebenfalls schwer gebeutelt wurde in den vergangenen Jahren der Aktienkurs von REN-Redes Energeticas Nacionais SGPS. Dahinter verbirgt sich ein portugiesischer Energieversorger, der operativ in den beiden Geschäftsbereichen Elektrizitätsübertragung und Management von Stromsystemen sowie Transport und Lieferung von Erdgas und damit verbundene Leistungen wie Erdgas-Speicherung und Betrieb von Wiederverdampfungsanlagen für die Herstellung von Flüssigerdgas tätig ist. Zudem ist man über die Tochter Energia das Ondas auch in der Energieerzeugung durch Meeresturbinen vertreten. Hinzu kommen außerdem noch Geschäftsaktivitäten im Telekommunikationssektor über die Tochtergesellschaft Rentelecom und Beratungsleistungen, Ingenieursdienste und technischen Support über die Tochter REN Serviços.
Weil REN in dem krisengebeutelten Portugal sitzt, werden viele Anleger vermutlich abwinken, wenn es darum geht, in diesen Titel zu investieren. Nicht abgehalten von einer Investition hat der Standort aber die chinesische State Grid Corporation. Sie steckte im Februar 2012 durch den Kauf von 25 Prozent der Anteile 287,15 Millionen Euro in den 1994 gegründeten portugiesischen Versorger. Das Mitmischen der Chinesen ist in dieser Hinsicht als vorteilhaft zu interpretieren, als sie vermutlich wieder einspringen würden, falls es kapitalmäßig noch einmal eng werden sollte.
Unter dieser Prämisse lohnt sich ein Blick auf die Bewertungsrelationen, mit denen REN aufwarten kann. Beim KGV zeigt sich da für 2014 mit 10,5 ein unter dem europäischen Branchenschnitt liegender Wert. Das gilt mit 7,7 auch für das Verhältnis von Unternehmenswert zum Gewinn vor Steuern, Zinsen. Abschreibungen und Amortisationen. Punkten kann der Titel darüber hinaus aber vor allem mit der Dividendenrendite. Diese dürfte bei fast sieben Prozent liegen, was überdurchschnittlich viel ist. Was den Aktienkurs angeht, so ist dieser beflügelt von einem allgemein großen Interesse an Anlagen an den südeuropäischen Börsen bereits deutlicher gestiegen. Das Chartbild der im Leitindex PSI 20 vertretenen Aktie hat sich dank der dadurch erreichten höchsten Stände seit Mitte 2011 aufgehellt.
Versorger-Aktie Nummer vier: Public Power Corporation of Greece (WKN: 982549, 10,93 Euro)
Schon viel länger und viel ausgeprägter als bei REN geht es mit dem Aktienkurs bei der Public Power Corp., kurz PPC genannt, voran. Das hat aber damit zu tun, dass der griechische Versorger zuvor aber auch extrem abgestürzt war. Weil das Unternehmen mit Griechenland aus dem größten EU-Krisenstaat kommt, hatten viele Anleger die Anteilsscheine zum Höhepunkt der Krise rigoros verkauft. Doch ausgehend vom Rekordtief bei 1,15 Euro geht es seit Mitte 2012 wieder nach oben. Wer hier investiert, der steckt sein Geld in einen Strommonopolisten, der auf einen Marktanteil von fast 100 Prozent kommt. Derzeit hält der Staat noch knapp die Mehrheit, aber im Zuge der Reformierung des Energiesektors ist hier nichts mehr in Stein gemeißelt.
Auch intern wird intensiv restrukturiert, was sich langfristig auch positiv auf die Ergebnisse auswirken dürfte. Derzeit kämpft PPC aber noch mit der Rezession in Griechenland. Nach neun Monaten im Geschäftsjahr 2013 hatte das einen Gewinnrückgang von 165,2 Millionen auf 56,9 Millionen Euro zur Folge. Nachdem die Energienachfrage im Gesamtjahr um 3,7 Prozent gesunken ist, darf auch von den Ergebnissen für das Gesamtjahr nicht allzu viel erwartet werden. Positiv ist aber, dass sich das Unternehmen selbst in dieser schwierigen Zeit in der Gewinnzone halten konnte. Das deutet an, was hier möglich wäre, wenn die Wirtschaft besser läuft und zudem auch die internen Strukturen auf Vordermann gebracht worden sind.
Aus Anlegersicht lockt hier vor allem der tiefe Buchwert, mit dem die Gesellschaft noch immer bewertet ist. Trotz der bereits eingefahrenen Kursgewinne bewegte sich das Kurs-Buchwert-Verhältnis bei lediglich 0,4. Das ist sehr niedrig und falls sich die Lage in Griechenland weiter stabilisieren sollte, dürfte sich der darin zum Ausdruck kommende Bewertungsabschlag mittelfristig verringern. Ein erster Anfang könnte in dieser Hinsicht dann gemacht werden, wenn es wie geplant gelingen sollte, den konzerneigenen Netzbetreiber zu einem Kurs-Buchwert von rund eins zu verkaufen. Denn das wäre ein Indiz dafür, dass PPC unterbewertet ist. Wie bei REN handelt es sich aber auch bei PPC trotz aller Chancen wegen der regionalen Lage um ein riskantes Investment. Investieren sollten deshalb nur Anleger mit einem passenden Risikoprofil.