Auch für Gamer wird es ein ungewöhnliches Weihnachten. Populäre Spielkonsolen wie die Playstation 5 (PS5) von Sony, Microsofts Xbox und Nintendos Switch sind wegen der anhaltenden Lieferengpässe bei Chips schwer zu bekommen. Und bei Blockbuster-Spielen sind bis Jahresende keine Kracher in Sicht. Dennoch ist die Begeisterung der Fans für die Konsolen und für hochgerüstete Gamer-PCs mit blitzschnellen Grafikkarten von Nvidia und AMD, längst die teuersten Komponenten in den Spielecomputern, nicht zu bremsen. Der auf die Videospielebranche spezialisierte Marktforscher Newzoo erwartet für 2021 und die folgenden Jahre durchschnittliche Zuwächse von jeweils knapp neun Prozent auf 219 Milliarden Dollar Gesamterlös im Jahr 2024.

An der Börse bremsen Verzögerungen in der Entwicklung neuer Versionen von Blockbuster-Spielen oder schwächere Starts aktueller Versionen wie "Call of Duty Vanguard" jedoch gegenwärtig die Kursfantasie der Aktien großer Spieleentwickler wie Activision Blizzard, Electronic Arts, Take-Two Interactive und Ubisoft. Langfristig orientierte Anleger achten jedoch auf die günstige Bewertung des Sektors. Ein Indiz dafür ist der Vergleich der Global Videogames Peer Group des US-Börsendiensts Bloomberg mit dem Nasdaq- Composite-Index. Das Durchschnitts- KGV der Spieleaktien für das bevorstehende Geschäftsjahr liegt ein Drittel niedriger als die Bewertung des breiten US-Technologieindex. Der Mut, jetzt zu investieren, könnte sich später als Weihnachtsgeschenk erweisen. Die Perspektiven der Branche sind dank des Spielebooms auf mobilen Geräten und neuer, zusätzlicher Märkte gut.

Zusatzbooster Kino und Streaming

Denn längst haben sowohl Playstation-Entwickler Sony ebenso wie die Giganten im Streaminggeschäft Amazon und Netflix einen neuen Wachstumsmarkt ausgemacht: die Verfilmung von populären Spielen für Kinos und der Stream für die Bildschirme zu Hause. Für das kommende Jahr sind zahlreiche Premieren in Arbeit: Filme mit realen Schauspielern und zeichentrickfilmähnliche Anime-Versionen, die in Asien besonders beliebt sind. Die Streamingbühne, die später auch für Kinoversionen von Blockbusterspielen genutzt wird, ist deutlich breiter als die weltweit größte Videospieleplattform Stream. Schätzungen zufolge spielen auf Stream 120 Millionen Gamer. Streamingprimus Netflix und die Nummer 2 Amazon Prime haben hingegen jeweils mehr als 200 Millionen Abonnenten.

Auch Netflix steht am Start

Sony hat in seinen Studios in Hollywood das eigene Abenteuerspiel "Unchartered", deutsch "Unerforscht", in Starbesetzung verfilmt und bringt es am 20. Februar auf die Kinoleinwände. Tom Holland aus "Spider Man: No way home" spielt dort Schatzjäger Nathan Drake, Mark Wahlberg aus "Transfomers 5: The last Knight" Victor "Sully" Sullivan, Drakes Rivalen und späteren Partner bei der Schatzsuche.

Den Job für die Verfilmung von Sonys beliebtem Spiel "The Last of Us", das auch im nächsten Jahr in die Kinos kommen soll, übernahm indes "Game of Thrones"-Entwickler HBO. Laut Sony sind zehn Projekte für Filme und Serien aus Computerspielen in Arbeit.

Währenddessen verfilmt der japanische Rivale Nintendo die Abenteuer von "Super Mario" und seinen Freunden, weltweit populäre Figuren im computerspielnahen Anime-Genre. Ähnlich verhält sich Streamingprimus Netflix, der sich für seine Anime-Debüts im nächsten Jahr im Portfolio von mehreren Spieleentwicklern bedient hat. Beim japanischen Entwickler Square Enix von "Tomb Raider", beim polnischen Spielestudio CD Projekt mit dem populären "Cyberpunk 2077" und schließlich auch bei Europas größtem Spieleentwickler Ubisoft. Bei den Franzosen hat sich Netflix "Assassin’s Creed", "Far Cry" und "Tom Clancy’s Splinter Cell" ausgesucht. "Assassin’s Creed" handelt von den Abenteuern des Barkeepers Desmond Miles, der zu Beginn von einer Templer-Organisation entführt wird. Parallel zur Anime-Version soll es auch einen Film geben. Das Spiel liefert genug Stoff auch für eine Streamingserie, die bei Erfolg fortgeschrieben werden kann.

Netflix eröffnet Spieleentwicklern in mehreren Bereichen neue Perspektiven und bietet seit November in seiner App-Version für Googles Betriebssystem Android auch Computerspiele an. Techriese Apple verwehrt dagegen All-One-Gaming-Apps bisher den Zugang zu seinem Online-Store. Nicht nur Netflix, auch Microsofts Xbox Cloud Gaming, Nvidias GeForce Now und Google Stadia müssen draußen bleiben. Mit der Popularität des Cloud-Gamings könnte Apples Weigerung ein Fall für die Kartellbehörden werden.

Onlinespiele sind die Vorstufe für Cloud-Gaming. Die Konsolenkönige Sony, Microsoft und Nintendo müssen in dieses Segment rechtzeitig vor Quereinsteigern wie Alphabet, Amazon und Netflix vordringen. Sony bereitet nach Informationen von Bloomberg-Experten mit dem Projekt "Spartacus" einen Spielepass für Online-Gaming vor. Damit wollen die Japaner ihre große Plattform mit 116 Millionen internetfähigen PS4-Konsolen, die mit der neuen PS5 erweitert wird, nutzen, um gegenüber Microsoft aufzuholen. Mehr als 18 Millionen nutzen bereits den Game Pass des Xbox-Entwicklers und zahlen monatlich zehn bis 15 Dollar für den unbegrenzten Zugang zu über 100 Spielen, ein lukratives Geschäft für den Konzern. Microsofts Streamingdienst für Gamer xCloud ist seit diesem Jahr verfügbar.

Aktuell ist Cloud-Gaming geschäftlich noch nicht wirklich relevant. Nach Bloomberg-Schätzungen kann es im Jahr 2030 aber mit weltweit mehr als 45 Millionen Nutzern mehr als elf Milliarden Dollar Erlös einspielen. Große Spieleentwickler, aber auch Sony, Microsoft und Nintendo, die über erhebliche Entwicklerressourcen für Spiele verfügen, könnten via Cloud pro Jahr jeweils bis zu eine Milliarde Dollar erlösen, schätzen die Experten.

Nintendo hat seine Onlinedienste 2018 eingeführt und ist mit vielen seiner populären Spiele wie "Super Mario", "Zelda" oder "Animal Crossing New Horizons" für den Übergang in die Cloud vorbereitet. Die von Fans für 2021 sehnlich erhoffte Pro-Version der Switch-Konsole mit neuer Technik lässt indes weiter auf sich warten. Von Nintendo gibt es diesbezüglich weiterhin keine Signale. Immerhin könnte die populäre Switch-Konsole im Geschäftsjahr bis Ende März die Marke von 100 Millionen verkauften Exemplaren seit der Einführung 2017 überschreiten und damit bald den Rekord des Vorgängers Wii bei 101,6 Millionen Konsolen übertreffen. Nintendo-Fans widerstehen den Versuchungen der Konkurrenz meistens hartnäckig, allerdings wollen auch sie jetzt Hardware auf dem neuesten Stand der Technik. Die Switch-Verkäufe sind erstmals seit Einführung der Konsole rückläufig.
 


INVESTOR-INFO

Sony

Trotz Störung auf Kurs

Nur 15 Millionen statt 16 Millionen der PS5-Konsolen wird Sony aufgrund von Chip-Engpässen bis Ende März produzieren. Damit wird es zwar schwieriger, die geplanten Ziele zu erreichen. Die Playstation und das Spieleportfolio sind jedoch begehrt. 47,2 Millionen Onlinegamer nutzen Sonys Angebote. Auch im Filmbusiness sind die Japaner stark. Das lukrative Geschäft mit Kamerchips läuft stabil. Auch das laufende Geschäftsjahr dürfte Rekorde liefern.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 130,00 Euro
Stoppkurs: 79,00 Euro

Nintendo

Upgrade dringend erwünscht

Im Geschäftsjahr bis Ende März will Nintendo 25,5 Millionen Switch-Konsolen ausliefern, knapp zwölf Prozent weniger als 2020, aber ausreichend, um Switch zum erfolgreichsten Gerät des Super-Mario-Konzerns zu machen. Eine Switch Pro, die vor der neuen Konsolengeneration ab 2024 erscheint, würde Impulse liefern. Günstig bewertet.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 500,00 Euro
Stoppkurs: 347,00 Euro

Videospiele-entwickler

Vorübergehende Dellen

Die Unruhe in Activision Blizzards Entwicklerteams wegen Fehlverhaltens des Managements blockiert das Potenzial des Primus. Die Verfolger Electronic Arts (u. a. "Star Wars") und Take-Two (u. a. "GTA", "Red Dead Redemption") arbeiten mit Hochdruck an neuen Versionen ihrer Blockbusterspiele. Langfristig sind alle drei Aktien vielversprechend.