Nach dem erfolgreichen Börsengang der Sportwagen-Tochter – Porsche erreichte am Donnerstag bei 93,70 Euro einen neuen Rekordpreis – sprießen die Gerüchte, dass Volkswagen weitere Töchter versilbern bzw. vergolden könnte. Genannt werden auch die Super-Cars Lamborghini, Bugatti und Bentley. Was denkbar wäre…
Nach dem erfolgreichen Sprung der Volkswagen-Tochter aufs Börsenparkett hat Vorstands-Chef Oliver Blume angekündigt, die gesamte Wolfsburger Mehr-Markengruppe stärker am Kapitalmarkt auszurichten. "Über die Marken besitzen wir die Möglichkeit, den Volkswagen-Konzern für Investoren noch deutlich attraktiver darzustellen", sagte Blume dem "Handelsblatt" in dieser Woche.
Investoren-Wünsche sollen berücksichtigt werden
Blume plant demnach zunächst virtuelle Aktien-Platzierungen, eine Art Trockenübung also, bei der den Marken ein Banken-Team beratend zur Seite steht. Ziel sei, die VW-Töchter an den Wünschen von Investoren auszurichten – und die Ertragskraft des Konzerns dadurch insgesamt zu steigern, schreibt die Nachrichtenagentur Reuters. Die Ergebnisse sollen im Laufe des kommenden Jahres auf einem Kapitalmarkttag präsentiert werden.
Für Wolfsburger Verhältnisse wäre das ein Novum. Denn der Konzern ist bisher eher durch widerstreitende Interessen bekannt, bei dem sich Marken oft gegenseitig Konkurrenz machten, anstatt an einem Strang zu ziehen. Die Orientierung an Investoren-Interessen könnte eine neue Klammer bilden.
Finanz-Chef dämpft Erwartungen
Ob aus den Trockenübungen am Ende echte Börsengänge werden, ließ Blume offen. "Zukünftige Perspektiven können wir später bewerten", sagte der 54-Jährige, der seit Anfang September sowohl die börsennotierte Porsche AG als auch den Konzern führt.
Volkswagen selbst hat wiederholt auch die Möglichkeit einer Platzierung seiner Batterie-Aktivitäten ins Gespräch gebracht. Finanzchef Arno Anlitz dämpfte die Erwartungen jüngst allerdings. Zunächst wolle man strategische Partner finden, um die Batteriestrategie umzusetzen.
Wird Volkswagen zu einer Holding?
Analysten rechnen schon länger damit, dass Volkswagen weitere Töchter an die Börse bringen wird. "Ich kann mir den Volkswagen Konzern durchaus als eine Art Holding vorstellen, unter der verschiedene börsennotierte Marken hängen", zitiert Reuters Arndt Ellinhorst, Autoexperte von Quantco. "Wenn man es vernünftig macht, kann dadurch erheblicher Wert gehoben werden und die Wettbewerbsfähigkeit des Konzerns und der Marken sich verbessern."
Tom Narayan, Analyst der Royal Bank of Canada, verwies auf die Historie des Porsche-Börsengangs, bei dem die Eigner-Familien Porsche und Piëch als treibende Kraft gelten. Angesichts der Machtverhältnisse hält er es für unwahrscheinlich, dass der Konzern Marken wie Audi, Seat/Cupra oder Skoda abspaltet. Denkbar sei eher, dass man in einem nächsten Schritt das Batteriegeschäft aufs Börsenparkett schicke. Andere Experten halten auch den Verkauf weiterer Anteile der börsennotierten Lkw-Holding Traton für möglich.
Bald VWs Edel-Karossen an der Börse?
Auch über einen möglichen Verkauf der Luxusmarken Lamborghini und Bentley wird immer wieder spekuliert. Lamborghini wäre mit einem Vielfachen von Ferrari anzusetzen, ein Börsenwert in Höhe von 15 Milliarden Euro durchaus vertretbar. Zum Vergleich: Porsche hat mittlerweile eine Marktkapitalisierung von fast 85 Milliarden Euro. Der Mutterkonzern VW kommt auf rund 78 Milliarden Euro.
"Ein solcher Schritt würde bedeuten, dass Volkswagen mehr Mittel für seine Strategie für batteriebetriebene Elektrofahrzeuge und wird zu einem zu einem vertikal integrierten Unternehmen, während die Aktionäre auf eine weitere Sonderdividende hoffen, ", so William Mileham, Analyst bei Mirabaud Securities. Für Bloomberg Intelligence-Analyst Michael Dean wäre hingegen Bentley der nächste IPO-Kandidat.
IPO von Audi AG ebenfalls denkbar
Nach Informationen der italienischen Zeitung "Milano Finanza" prüft Volkswagen bereits einen Börsengang des Super-Car-Herstellers. Ein Lamborghini-IPO könnte Volkswagen mindestens 9 Milliarden Euro in die Kassen spülen, was man gut zur weiteren E-Mobilität-Expansion gebrauchen könnte. Aber: Die Familien, die über die Porsche Automobil Holding (Porsche SE) die Mehrheit an Volkswagen halten, senkten den Daumen. Bislang.
Sowohl Lamborghini als auch Bentley werden neben der Motorrad-Marke Ducati unter dem Dach des Audi-Konzerns geführt, der zu 100 Prozent im Besitz der Volkswagen AG ist. Möglicherweise wäre daher ein Börsengang der Audi AG am ehesten denkbar. Auch dabei wäre VW-Mehrheitseigner Porsche SE jedoch ein maßgeblicher Faktor.
Und Bugatti? Die Luxussportwagen-Marke wurde von Volkswagen im vergangenen Jahr an die Tochter Porsche AG übertragen und mit dem kroatischen Elektrosportwagen-Spezialisten Rimac verschmolzen. Porsche-Chef Oliver Blume wollte so die Expertise von Bugatti im Hypercar-Geschäft mit der Innovationskraft von Rimac auf dem zukunftsträchtigen Gebiet der Elektromobilität bündeln. Porsche hält etwa ein Viertel der Rimac-Anteile. Rimac sollte nach ursprünglichen Plänen 2022 an die Börse gebracht werden. Doch erteilte Rimac-Gründer Mate Rimac einem schnellen Börsengang im Sommer eine Absage.
VW-Aktie bleibt zurück
Volkswagen-Chef Blume will den Marken des Konzerns jedenfalls insgesamt mehr Freiräume bei der Umsetzung der Strategie geben. Sie sollen ihre Kraft entfalten können, dabei die Interessen des Konzerns aber nicht außeracht lassen. Blume erhofft sich so eine höhere Bewertung an der Börse.
Der vom Porsche-Börsengang erhoffte Schub für die Volkswagen-Aktie blieb allerdings bisher aus. Die Vorzugsaktie liegt am Freitag-Mittag mit 133,30 Euro nur wenig über dem Preis, den VW am Tag des Porsche-Börsengangs am 29. September hatte (siehe Chart).
Anders die deutsche Sportwagen-Tochter. Die Vorzugsaktie der Porsche AG erreichte am gestrigen Donnerstag bei 93,70 Euro einen neuen Rekordpreis. Am Freitag-Mittag steht das Papier bei 92,50 Euro immer noch gut zwölf Prozent über dem Emissionspreis von 82,50 Euro.
Fazit
BÖRSE ONLINE hält sowohl Volkswagen, aber auch Porsche SE und Porsche AG längerfristig für aussichtsreich und empfiehlt einen Kauf.
(Mit Material von Reuters)
Hinweis auf Interessenkonflikte: Der Mehrheitsinhaber der alleinigen Gesellschafterin der Finanzen Verlag GmbH, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Volkswagen, Porsche SE, Porsche AG.
Der Chefredakteur, Herr Frank Pöpsel, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Volkswagen.
Der Autor dieses Artikels ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Volkswagen, Porsche SE, Porsche AG.