"Der Krieg in der Ukraine und die wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland führen dazu, dass sich die Preissteigerungen im ersten Quartal 2022 weiter verfestigt haben", sagte Unternehmenschef Rolf Buch bei Vorlage der Quartalszahlen. Materialien würden teurer, Lieferketten länger. Auch der Fachkräftemangel führe dazu, dass Projekte langsamer voranschreiten als geplant. Gleichzeitig stiegen die Anforderungen der Bundesregierung an die Energieeffizienz der Gebäude.
Vonovia werde zwar unverändert am geplanten Volumen von 3600 Wohnungen für den Neubau festhalten, sagte Buch in einer Telefonkonferenz mit Journalisten. "Wir werden jedoch mehr für den Markt bauen und weniger für den eigenen Bestand." Für Neubauten für den eigenen Bestand plane Vonovia im laufenden Jahr 300 bis 400 Millionen Euro ein. Gleichzeitig seien Neubauten mit einem Auftragswert von zirka 900 Millionen Euro für den Verkauf vorgesehen.
"Die Kosten für Erdgas, Öl und Strom steigen weiter, und zwar massiv", mahnte Buch. Das treffe nicht nur die Industrie, sondern jeden einzelnen Bürger, jeden einzelnen Mieter und auch jeden Eigentümer. Vonovia rate den eigenen Mietern, Rücklagen zu schaffen und die Vorauszahlungen für Energie zu erhöhen, denn das Unternehmen strecke diese Kosten nur vor und könne deshalb nicht darauf verzichten.
Das Geschäftsmodell von Vonovia sei auch in unruhigen Zeiten stabil und robust, sagte Buch. Doch fühle sich in diesem Quartal vieles anders an als sonst. Der Kapitalmarkt reagiere auf die Lage in Europa, steigende Zinsen trüben das Investitionsumfeld. Die Inflation sei so hoch wie seit den 70er Jahren nicht mehr. Das könne Vonovia als Wohnungsunternehmen nicht einfach ignorieren.
Aufgrund der gestiegenen Kapitalkosten und der Entscheidung, in dem derzeitigen Umfeld kein weiteres Fremdkapital aufzunehmen, werde sich das Unternehmen stärker auf organisches Wachstum fokussieren. "Weitere Zukäufe - und das betrifft auch Adler - stehen für uns nicht im Fokus", erläuterte Buch. Das mache Adler zu einer reinen Finanzbeteiligung.
Vonovia wurde vor wenigen Monaten größter Aktionär beim Branchenrivalen Adler Group (ADLER), der in schweres Fahrwasser geraten war. Der Konzern sicherte sich im Wege der Pfandverwertung einen Anteil von 20,5 Prozent an dem Konkurrenten.
"Unsere Prämisse war von Anfang an, dass in Adler deutlich mehr Wert steckt als der Aktienmarkt vermuten lässt", erläuterte Buch. Das Vonovia-Management kenne das Portfolio von Adler und die Grundstücke sehr gut. Und auch der forensische Bericht der KPMG habe in diesem Punkt die Ansicht bestätigt. Die Vorwürfe gegen Adler würden sich hauptsächlich auf schlechte Unternehmensführung aus der Vergangenheit beziehen. Das ändere aber nichts an der Werthaltigkeit des Bestandes, betonte Buch. Auch die jüngsten Entwicklungen an der Börse würden nichts an der Einschätzung ändern. Vonovia müsse zum jetzigen Zeitpunkt keine Entscheidung bezüglich seines Adler-Anteils treffen.
Am Samstag veröffentlichte die Adler Group trotz der Verweigerung des Testats durch die Wirtschaftsprüfer von KPMG Zahlen für das vergangene Jahr. Während der operative Gewinn zulegte, stand unter dem Strich wegen Abschreibungen ein Verlust von knapp 1,2 Milliarden Euro. Zudem hatten wegen des fehlenden Prüf-Testats fast alle Mitglieder des Adler-Verwaltungsrats ihren Rücktritt erklärt. Der Verwaltungsratsvorsitzende Stefan Kirsten nahm jedoch nur vier Rücktritte an.
Im ersten Quartal 2022 legte bei Vonovia der operative Gewinn (FFO) im Jahresvergleich um 44,4 Prozent auf 564 Millionen Euro zu, wie das Dax-Unternehmen weiter mitteilte. Ohne den Zukauf der Deutsche Wohnen wäre das operative Ergebnis um knapp acht Prozent gestiegen. Die Miete erhöhte sich in den ersten drei Monaten im Schnitt auf 7,40 Euro pro Quadratmeter - das waren 3,1 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.
Zum Zuwachs trugen vor allem modernisierte Wohnungen bei. Die Kosten für energetische Sanierungen wie etwa Wärmedämmung sowie Austausch alter Heizungsanlagen und Fenster können die Konzerne teilweise auf die Miete umlegen. Die Mieten seien aufgrund der aktuellen Marktentwicklung um 1,6 Prozent gestiegen, hieß es. Der Umsatz kletterte um knapp 43 Prozent auf rund 1,6 Milliarden Euro.
Gleichzeitig steckte Vonovia im Auftaktquartal mit 519,3 Millionen Euro um gut ein Drittel mehr in Modernisierung, Neubau und Instandhaltung. Unter dem Strich fiel vor allem wegen einer Wertminderung des Geschäfts- und Firmenwertes ein Verlust von 29,1 Millionen Euro an. Im Vorjahr hatte hier noch ein Gewinn von 247 Millionen Euro gestanden.
2022 soll das operative Ergebnis (FFO) auf 2,0 bis 2,1 Milliarden Euro steigen. Der Umsatz soll sich auf 6,2 bis 6,4 Milliarden Euro erhöhen. Im vergangenen Jahr legte der operative Gewinn (FFO) im Jahresvergleich um 24 Prozent auf 1,67 Milliarden Euro zu. Die Erlöse kletterten 2021 rund 19 Prozent auf knapp 5,2 Milliarden Euro.
Im vergangenen Jahr war dem Konzern die mehrheitliche Übernahme von Deutsche Wohnen geglückt, Deutschlands zweitgrößtem Vermieter. Vonovia hält derzeit rund 87 Prozent an dem Unternehmen. Umstritten war der Deal vor allem in Berlin, wo Deutsche Wohnen Ende 2021 rund 113 000 Wohnungen gehörten. Um Kritiker zu besänftigen, hatte Vonovia-Chef Buch unter anderem eine Begrenzung der regulären Mietsteigerungen in Berlin bis zum Jahr 2026 angekündigt./mne/stk