Bislang sind in Braunschweig rund 1400 Schadenersatzklagen anhängig, der Streitwert beläuft sich auf mehr als acht Milliarden Euro. Diese Summe werde steigen, sagte DSW-Vizepräsident Klaus Nieding, dessen Anwaltskanzlei selbst zahlreiche Kläger vertritt. Um Ansprüche im Rahmen des Musterverfahrens anzumelden, haben Anleger noch bis zum 8. September Zeit. Vor dem Fristende würden auch viele institutionelle Anleger noch einmal aktiv, sagte Nieding.

SCHNELLE AUFKLÄRUNG GEFORDERT



Beim Kartellverdacht gegen die führenden deutschen Autokonzerne forderte Tüngler eine schnelle Aufklärung. Erst dann könne geprüft werden, wer überhaupt Ansprüche geltend machen kann. Nach einem Bericht des "Spiegel" sollen sich Daimler, BMW und Volkswagen in mehr als 60 Arbeitsgruppen seit den 90er Jahren über Technik, Lieferanten und Märkte abgesprochen haben. "Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, werden wir alle juristischen Register ziehen", sagte der DSW-Hauptgeschäftsführer.

Einem Insider zufolge haben sowohl Daimler als auch VW Selbstanzeigen eingereicht, wobei die Stuttgarter den Wolfsburgern zuvorkamen. "Wenn es diese Selbstanzeigen gibt, warum wurde dann nicht ad-hoc gemeldet?", fragte Tüngler. "Warum steht dazu nichts in den Geschäftsberichten?"

Tüngler erwartet langwierige Ermittlungen. "Im Lkw-Kartell haben die Ermittlungen fünf, sechs Jahre gedauert." Die EU-Kommission hatte 2016 gegen vier Lkw-Herstellern Geldbußen in Höhe von knapp drei Milliarden Euro verhängt. Auf Daimler entfiel damals mit rund einer Milliarde der größte Brocken.

Auch hier türmen sich bereits die geplanten Schadensersatzklagen. Die Berliner Anwaltskanzlei Hausfeld hat nach eigenen Angaben schon von mehr als 2000 geschädigten Unternehmen mit mehr als 270.000 Fahrzeugen Schadenersatzansprüche gesammelt. Die Schadenssumme sei noch nicht errechnet, erklärte Hausfeld-Anwalt Alex Petrasincu. Die Kanzlei vertritt unter anderem die Firmen, die ihre Ansprüche über den Bundesverband Güterverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) anmelden. Ein Verbandssprecher erklärte, der BGL habe zunächst versucht, außergerichtliche Vergleiche zu schließen. "Aber die Hersteller haben uns die kalte Schulter gezeigt. Deshalb waren wir gezwungen, andere Saiten aufzuziehen", sagte der Sprecher. Die ersten Klagen soll bis Jahresende eingereicht werden, weil für Kaufverträge bis 2002 die Verjährung einsetze.