Warren Buffett und Charlie Munger, die beiden Investoren-Legenden von Berkshire Hathaway, mögen eigentlich keine Technologie-Aktien. Doch neben einem großen Apple-Investment finden sich seit gut drei Jahren auch 'ein paar' Amazon-Papiere im Portfolio. Etwas mehr als ein Tausendstel des E-Commerce-Riesen ist im Besitz des Buffett-Konglomerats.
Im Jahre 2019 hatte Warren Buffett einen Fehler zugegeben. Damals bereute er, nicht schon viel früher Amazon-Aktien gekauft zu haben, obwohl er Jeff Bezos immer bewundert habe. Doch besser eine späte Einsicht als keine. Damals stieg Buffett in Amazon ein und hält nun 0,11 Prozent an dem Versandriesen. In Dollar ausgedrückt ist das über eine Milliarde. Denn die Marktkapitalisierung von Amazon beträgt aktuell etwa 987 Milliarden Dollar.
Der Buffett-Anteil an Amazon war vor einer Woche noch 200 Millionen Dollar größer. Doch der Konzern hatte die Anleger mit seinen Quartalszahlen und vor allem mit einem schwachen Ausblick auf das Weihnachtsgeschäft geschockt. Für das vierte Quartal stellte Amazon nur noch einen operativen Gewinn zwischen Null und vier Milliarden Dollar in Aussicht. Gleichzeitig zeigte das Cloud-Geschäft eine Wachstumsdelle. Unternehmenskunden würden immer mehr nach Rabatten fragen und weniger für die externen Datenspeicher ausgeben, so die Begründung.
Amazon ist ein Burggraben-Konzern
Der jüngste Amazon-Kursrutsch vernichtete insgesamt einen Marktwert von 120 Milliarden US-Dollar. Die Wall Street ist jedoch immer noch optimistisch, was den E-Commerce-Riesen angeht. JPMorgan schrieb etwa dass "der Druck auf Amazons Geschäft größtenteils makroökonomisch und nicht fundamental bedingt ist". Es ist also mehr die Wirtschaft, die Sorgen bereitet, das Unternehmen als Ganzes ist in guter Verfassung. Das Kursziel sieht Analyst Douglas Anmuth nun bei 145 Dollar (nach zuvor 175 Dollar.) Die Schweizer Bank Credit Suisse hat das Kursziel für Amazon nach den Zahlen von 159 auf 142 Dollar gesenkt.
Amazon ist für Warren Buffett weniger Technologie- als vielmehr Konsum-Unternehmen, ein 'Burggraben-Konzern'. Denn mit satten 38 Prozent aller E-Commerce-Verkäufe dominiert der US-Versandriese das Business im Internet. Trotz vieler neuer Unternehmen, die mit ihrer E-Commerce-Präsenz Amazon Konkurrenz machen, ist der Marktanteil weitgehend stabil geblieben.
Amazon hat im dritten Quartal weiter in das Kundenerlebnis investiert. Diese Investitionen tragen dazu bei, dass sein Burggraben breit bleibt. Wie Finanz-Chef Brian Olsavsky es nach den Q3-Zahlen ausdrückte: "Wir konzentrieren uns weiterhin darauf, ein fantastisches Kundenerlebnis zu schaffen, und wir glauben, dass die Kunden-Orientierung der einzige zuverlässige Weg ist, um dauerhaften Wert für die Aktionäre zu schaffen."
Enorme Renditen mit Investitionen
Buffett bevorzugt es eigentlich, Unternehmen ganz zu übernehmen. Was bei Amazon angesichts der Größe nun nicht mehr möglich ist. Buffett mag Unternehmen, die enorme Renditen auf Sachanlagen erzielen, die über einen längeren Zeitraum Teile ihrer Gewinne mit hohen Renditen reinvestieren.
Amazon folgt diesem Modell genau. Es nutzt sein riesiges E-Commerce-Geschäft, um in andere Unternehmen zu investieren, die oft sogar profitabler sind als sein eigenes Kerngeschäft. AWS ist ein Beispiel dafür. AWS liefert seit einiger Zeit den größten Teil des Betriebsergebnisses für Amazon.
Das Unternehmen hat auch viele ganze Akquisitionen getätigt, wie zum Beispiel den bevorstehenden Kauf von iRobot. Einige der Akquisitionen sind in die Amazon-Plattform integriert, wie etwas MGM Studios, deren Filmbibliothek der Prime-Bibliothek hinzugefügt wurde. Amazon nimmt allein mit seinen mehr als 200 Millionen Prime-Kunden jährlich etwa 2,8 Milliarden Dollar ein.
Einschätzung zur Amazon-Aktie
Buffett investiert in Unternehmen, von denen er glaubt, dass sie langfristig hohes Potenzial für Gewinne bieten. Er hat einmal gesagt, dass seine bevorzugte Haltedauer "für immer" ist. Der Burggraben von Amazon und die Fähigkeit, in immer neue Bereiche zu expandieren, sollten den Anlegern die Zuversicht geben, dass das Unternehmen auf absehbare Zeit weiter wächst. Entsprechend kann ein Kauf der Amazon-Aktie auf dem aktuellen Niveau (92,50 Dollar bzw. 95 Euro) längerfristig keinen großen Schaden anrichten. Charttechnisch ist Amazon allerdings angeschlagen und könnte noch ein paar Dollar verlieren.
Übrigens: Am kommenden Samstag, 5. November 2022, wird Berkshire Hathaway seine Geschäftszahlen fürs dritte Quartal vorlegen. Nach einem Milliarden-Verlust im Q2 wird es wohl auch diesmal Verluste zu beklagen geben. Dennoch bleiben auch die B-Anteile der Beteiligungsgesellschaft kaufenswert.