Martin Lück, Chef-Anlagestratege für Deutschland, Österreich und Osteuropa beim weltgrößten Vermögensverwalter Blackrock. warnt: "Wir halten eine Staatspleite in der Türkei inzwischen für eine Frage der Zeit, sollte sich die Regierung nicht doch noch zu einer Abbremsung der heiß gelaufenen Wirtschaft durchringen." Der türkische Finanzminister hatte sich am Donnerstag zu Haushaltsdisziplin bekannt und der Notenbank Unterstützung im Kampf gegen die galoppierende Inflation zugesichert.
US-Präsident Donald Trump und sein türkischer Amtskollege Recep Tayyip Erdogan liegen wegen des in der Türkei festgesetzten US-Geistlichen Andrew Brunson über Kreuz. Sie verhängten Sanktionen und Strafzölle gegen das jeweils andere Land. Vor diesem Hintergrund stürzte die türkische Währung in den vergangenen Tagen zeitweise um fast 30 Prozent ab. Dadurch wird es für die Regierung in Ankara und die Unternehmen des Landes teurer, ihre Fremdwährungskredite zu bedienen. In den Strudel der Lira-Turbulenzen geriet auch der Dax, der in der alten Woche 1,5 Prozent einbüßte. In der neuen Woche bleiben die türkischen Börsen allerdings wegen des islamischen Opferfestes komplett geschlossen.
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Daneben hängt der Zollstreit der USA mit China als weiteres Damokles-Schwert über den internationalen Börsen. Die Regierung in Peking will von der WTO die Rechtmäßigkeit der US-Zoll- und Subventionspolitik überprüfen lassen. Gleichzeitig kündigte sie einen neuen Anlauf zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten an. Börsianer zweifeln aber an einer schnellen Einigung. "Für die Aktienmärkte wird die Häufung an Krisen zunehmend negativer", warnt Stefan Bielmeier, Chef-Volkswirt der DZ Bank. "Es ist auch sehr unwahrscheinlich, dass sich in Anbetracht der derzeitigen Gemengelage ein baldiger Stimmungsumschwung ergeben wird."
KAUM KONJUNKTURTERMINE ODER FIRMENBILANZEN AUF TERMINPLAN
Konjunkturseitig stehen in der neuen Woche nur wenige Termine an. Am Dienstag veröffentlicht die US-Notenbank die Mitschriften ihrer jüngsten geldpolitischen Beratungen. Anleger erhoffen sich daraus Hinweise auf Zeitpunkt und Tempo der erwarteten weiteren US-Zinserhöhungen. Am Freitag werden die Auftragseingänge für langlebige US-Güter veröffentlicht. Er rechne statt des allgemein erwarteten Anstiegs mit einem Minus von zwei Prozent, sagt Commerzbank-Volkswirt Ralph Solveen. "Dies dürfte aber ausschließlich daran liegen, dass im letzten Monat nur wenige Flugzeuge geordert wurden und die Bestellungen von militärischen Ausrüstungen nach dem Hoch im Juni diesmal wohl abgenommen haben."
Am Donnerstag stehen die Barometer für die Stimmung der deutschen und europäischen Einkaufsmanager auf der Agenda. "Ihre Talfahrt dürfte noch nicht ganz zu Ende sein, hat aber wohl zumindest spürbar an Fahrt verloren", sagt Solveen. Bei den Unternehmen öffnen nur noch einige Nachzügler ihre Bücher. Hierzu gehören der Bergbaukonzern BHP Billiton (Montag) und der US-Einzelhändler Target (Mittwoch).
rtr