Im vergangenen Jahr hat Europas größter Online-Modehändler Zalando erstmalig einen Umsatz im zweistelligen Milliardenbereich verzeichnet. Die Erlöse kletterten - auch dank neuer Märkte - um knapp 30 Prozent auf 10,4 Milliarden Euro, wie der Berliner Konzern am Dienstag mitteilte. Der bereinigte Betriebsgewinn (Ebit) stieg im vergangenen Jahr um elf Prozent auf 468,4 Millionen Euro. Damit lagen Ebit wie auch Umsatz am oberen Ende der Firmenprognose sowie im Schnitt über den Erwartungen von Analysten. Unter dem Strich stand 2021 ein Gewinnanstieg um knapp vier Prozent auf 234,5 Millionen Euro.
Wie auch die Konkurrenten Asos, Boohoo oder About You profitierte Zalando von geschlossenen Ladengeschäften während der Corona-Krise. Viele Menschen begannen damit, Kleidung und Kosmetik online einzukaufen. Die Nachfrage normalisiert sich seit dem Sommer wieder. Zalando rechnet damit, dass sich das im laufenden Jahr fortsetzt. Der Konzern zählt mittlerweile mehr als 48 Millionen Kunden in 23 europäischen Ländern. Ende 2020 waren es noch rund zehn Millionen Kunden weniger.
Über Zalandos Plattform-Geschäft können andere Händler, Modemarken oder stationäre Läden ihre Waren verkaufen. Dafür sowie für Logistik-Dienstleistungen zahlen die Partnerunternehmen Geld an Zalando. Inzwischen sind mehr als 5.800 Partner und fast 7.000 stationäre Geschäfte an die Zalando-Plattform angebunden, mit denen das Unternehmen inzwischen 30 Prozent des Bruttowarenvolumens (GMV) erzielt. Dieses war im vergangenen Jahr auf 14,3 Milliarden Euro geklettert.
Ausblick auf das laufende Jahr
Das Tempo des abgelaufenen Jahres kann Zalando allerdings nicht halten. Zalando müsse auf eine sich eintrübende Verbraucherstimmung, Störungen in der Lieferkette sowie die steigende Inflation reagieren, erklärte Finanzvorstand David Schröder am Dienstag in Berlin. Vor allem in der ersten Jahreshälfte rechnet er mit einem schwächeren Geschäftswachstum. Im zweiten Halbjahr dürfte es sich wieder beschleunigen, schätzt er. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist der Krieg in der Ukraine. Zwar sei Zalando weder dort noch in Russland vertreten, jedoch belaste dies die Verbraucherstimmung in den osteuropäischen Märkten, erklärte er.
Für das laufende Jahr rechnet Zalando mit einem Umsatzplus von zwölf bis 19 Prozent auf maximal 12,3 Milliarden Euro. Beim bereinigten Betriebsergebnis lässt Zalando eine größere Spanne und stellt einen Wert zwischen 430 und 510 Millionen Euro in Aussicht. Im schlechtesten Fall würde das einen Rückgang bedeuten. Im laufenden Jahr soll außerdem das Bruttowarenvolumen auf maximal 17,6 Milliarden Euro wachsen und bis 2025 bei mehr als 30 Milliarden Euro liegen. Mögliche Auswirkungen des Krieges in der Ukraine wurden in dieser Prognose noch nicht berücksichtigt. Außerdem will das Unternehmen weiter kräftig investieren: 400 bis 500 Millionen sollen in die Weiterentwicklung des Geschäfts fließen.
Einschätzung zur Zalando-Aktie
Seit die Aktie des Online-Modehändlers im September in den Dax aufgestiegen ist, hat der Kurs deutlich nachgegeben. Insgesamt hat die Zalando-Aktie gut 40 Prozent verloren und notiert derzeit bei knapp 54 Euro. Dies hat einerseits mit dem nachlassenden E-Commerce-Boom in der Corona-Pandemie und andererseits mit der sich abzeichnenden Zinswende zu tun. Doch auch das Ende der Corona-Sonderkonjunktur sollte Zalando keinen Abbruch tun. Der Bekleidungsmarkt entwickelt sich immer mehr weg von stationären Geschäften hin zum Onlinehandel. Das sollte Zalando in die Karten spielen.
Dennoch rutschte die Aktie von Zalando am Dienstag wegen des zurückhaltenden Ausblicks mit einem Minus von zeitweise fast elf Prozent ans Dax-Ende. JPMorgan-Analystin Georgina Johanan gab zu bedenken, dass der etwas schwächer als erwartet ausgefallene Ausblick angesichts der unsicheren Aussichten für die Stimmung der Verbraucher wenig verwunderlich sei. Im vergangenen Jahr habe der Konzern größtenteils wie zuvor prognostiziert abgeschnitten.
Die Schweizer Großbank UBS blieb ebenfalls optimistisch und beließ die Einstufung für Zalando am Dienstag auf "Buy" mit einem Kursziel von 96,50 Euro. Der Online-Modehändler habe weitgehend wie zuvor prognostiziert abgeschnitten, schrieb Analystin Olivia Townsend in einer ersten Reaktion am Dienstag. Die Resultate und die Aussagen zum Wachstum in diesem Jahr dürften die Markterwartungen nicht wesentlich verändern.
Neben einer möglichen Reboundwette für Trader dürfte das Papier des Online-Händlers auch für längerfristig orientierte Anleger interessant sein. Wir bleiben bei unserer Kauf-Empfehlung.
iw/rtr/dpa-AFX