Der World Gold Council wird zwar überwiegend durch Goldminenunternehmen finanziert, seine Prognosen zeugen dennoch von einem hohen Maß an Kompetenz und Seriosität. So sieht der WGC-Ausblick für 2026 aus.
Die im Dezember veröffentlichte Studie des WGC liefert einen datenbasierten Blick auf die Treiber der Goldpreisentwicklung und mögliche Preisbewegungen im kommenden Jahr. Das WGC zeigt darin auf, welche makroökonomische Faktoren wie stark zu den atemberaubenden Renditen des Jahres 2025 beigetragen haben. Immerhin stieg der Goldpreis im Laufe des Jahres 2025 um mehr als 60 Prozent. Risiko und Unsicherheit im Markt trugen demnach zwölf Prozentpunkte zur Goldpreissteigerung bei (vor allem geopolitische Risiken und Konflikte), während Faktoren wie Opportunitätskosten aufgrund der sinkenden Zinsen und das allgemeine Momentum jeweils zehn und neun Prozentpunkte an der Performance ausmachten. Auch das Wirtschaftswachstum wirkte sich mit zehn Prozentpunkten stark auf die Goldnotierungen aus. Es bleiben danach immer noch 20 Performance-Prozentpunkte übrig, die das WGC auf sonstige Faktoren zurückführt. Dazu zählen auch die Käufe der Notenbanken.
Der WGC liefert mit seinem Ausblick ein differenziertes Bild darüber, welche unterschiedlichen Kräfte Gold zu einem der best-performenden Assets des Jahres 2025 gemacht haben. Doch Investoren interessiert weniger der Blick zurück als der Blick nach vorn.
Was Gold im Jahr 2026 bewegen wird
In seinem Ausblick hat der WGC vier verschiedene makroökonomische Szenarien für 2026 vorgestellt und deren potenzielle Folgen für den Goldpreis abgeleitet. Nachfolgend stellen wir das positive Szenario (Abwärtsspirale bzw. „doom loop“) vor, ohne allerdings das potenziell negative Szenario (Rückkehr der Reflation bzw. „reflation return“) zu unterschlagen.
Das „Doom Loop“-Szenario beschreibt eine deutlich pessimistischer gestimmte Weltwirtschaft, in der eine Kombination aus sinkender globaler Aktivität, starkem geopolitischem Stress, fallenden Anleiherenditen und einer aggressiven geldpolitischen Lockerung einsetzt. In einem solchen Umfeld würde die Risikoaversion der Anleger drastisch zunehmen, was Gold als „sicheren Hafen“ nochmals attraktiver machen würde. Die Modellrechnung zeigt, dass unter diesen Bedingungen der Goldpreis zwischen 15 und 30 Prozent zulegen könnte, getrieben vor allem durch eine stark erhöhte Investmentnachfrage über Gold-ETFs und andere defensive Anlageformen. Fallende reale Renditen und der sinkende Dollar würden die Opportunitätskosten des Goldbesitzes senken und Kapital in Richtung Edelmetall umschichten.
Wo Risiken für Gold lauern
Auf der anderen Seite spräche eine Rückkehr der Inflation, also ein stärkeres globales Wirtschaftswachstum mit anziehender Inflation und steigenden Zinsen (Reflation), für einen fallenden Goldpreis. In diesem Szenario wird unterstellt, dass expansive fiskal- oder wachstumsfördernde politische Entscheidungen wirken, was das Vertrauen in risikobehaftete Anlagen stärken und die Nachfrage nach sicheren Anlagen wie Gold reduzieren würde. In diesem Szenario würden steigende Langfristzinsen und ein stärkerer Dollar die Opportunitätskosten von Goldbesitz erhöhen und Kapital in risikobehaftete Anlagen wie Aktien oder höher verzinsliche Staatsanleihen umlenken. Als Ergebnis erwartet der WGC in so einem Umfeld einen Goldpreisrückgang von etwa fünf bis 20 Prozent.
Fazit: Der WGC-Ausblick für 2026 zeigt auf, dass Goldpreise nicht deterministisch nach oben verlaufen, sondern stark von externen makroökonomischen Kräften und der Anlegerstimmung abhängen. Angesichts der aktuellen geopolitischen Spannungen zwischen den USA, China, Russland und Europa und der weltweit explodierenden Staatsschulden inklusive erodierender Schuldentragfähigkeit muss man allerdings fast schon ein unverbesserlicher Optimist sein, um an die Rückkehr der Reflation zu glauben.
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