(neu: Kurs, Charttechnik und weitere Analysten)
FRANKFURT (dpa-AFX) - Schwarzer Freitag für die Aktionäre von Siemens Energy
Kurz nach Mittag belief sich das Minus noch immer auf 33,3 Prozent beim Kurs von 15,60 Euro. Auch die Aktien des Großaktionärs Siemens
Der Windturbinenbauer Siemens Gamesa bleibt das Sorgenkind des Dax-Konzerns. Es habe deutlich erhöhte Ausfallraten bei Windturbinen-Komponenten gegeben, hieß es von Siemens Energy. Eine technische Überprüfung lege nahe, dass eine Behebung der Probleme bei bestimmten Onshore-Plattformen deutlich mehr koste als bislang angenommen. Siemens Energy geht derzeit von zusätzlichen Kosten von voraussichtlich über einer Milliarde Euro aus. Im Januar waren die Kosten noch mit 472 Millionen Euro beziffert worden.
Dies seien sehr schlechte Nachrichten, sagte ein Händler. Wenn man keine Anhaltspunkte habe, wohin die Kosten liefen, wie solle der Markt das dann einschätzen, so die Sorge des Händlers. Er sprach von einer "totalen Unsicherheit".
Die neuen Probleme bei der Tochter Gamesa schöben eine dunkle Wolke vor die Neubewertungsstory des Konzerns, schrieb Analyst Ajay Patel von Goldman Sachs in einer ersten Reaktion. Die Meldung wertet er "klar negativ". Nicht kalkulierbar seien aktuell die finanziellen Folgen der Qualitätsprobleme bei Gamesa, schrieb Nicholas Green vom US-Analysehaus Bernstein Research.
Bleibt es zum Handelsende für Siemens Energy beim Kursverlust in der aktuellen Größenordnung, wäre Siemens Energy im erweiterten Kreis der größten Tagesverlierer, die es im Dax jemals gab. Gemessen am Börsenwert liegt der Verlust aktuell bei mehr als sechs Milliarden Euro.
Bis zum Vortag hatten die Papiere noch zu den größeren Gewinnern im Dax seit Jahresbeginn gezählt. Die Rally gestartet hatten sie Mitte Oktober und in der Zeit bis Ende Mai einen Spitzenzuwachs von 140 Prozent verbucht. Nun aber fielen sie zudem unter den Unterstützungsbereich des 61,8-Prozent-Fibonacci-Retracements. Dies bedeutet, dass sie von ihrem Gewinn seit Oktober mehr als 61,8 Prozent verloren haben - in der Charttechnik gilt dies als massives Warnsignal für den gesamten Trend. Seit Jahresanfang stehen die Papiere mit einem Schlag mit elf Prozent im Minus und damit im hinteren Dax-Feld.
Die Windkrafttochter Gamesa sei für Siemens Energy zwar ein altbekanntes Problem, erläuterte der Kapitalmarktexperte Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets. Nach der Komplettübernahme Anfang des Jahres erweise sich Gamesa bisher aber als schwarzes Loch in der Bilanz. "Die Zukunft von Siemens Energy hängt mehr und mehr davon ab, ob es das Sorgenkind in den Griff bekommt." Das Bittere an dem aktuellen Abverkauf der Energy-Aktien sei, dass damit die starke Erholung seit vergangenem Oktober ein abruptes Ende finde, so der Fachmann.
Potenzielle Käufer, die den tiefen Kurs von Siemens Energy zum Einstieg nutzen könnten, traten am Freitag bisher nicht auf den Plan. Bernstein-Analyst Green rät Anlegern auch davon ab. Im schlimmsten Fall, wenn nämlich mehr als 30 Prozent der installierten Anlagen von Gamesa fehlerhaft seien, drohe ein noch deutlicherer Kursrutsch. Würde Gamesa mit Null bewertet, läge der faire Wert von Siemens Energy bei elf Euro, rechnete Green aus.
Marktbeobachter Alexander Paulus vom Börsendienst Stock3 sieht die nächsten wichtigen Unterstützungen im Kurschart bei 14,37 Euro und bei 13,36 Euro. Bis dahin hätten die Papiere noch einigen Platz. Allgemein rät er aber nach solchen Kurseinbrüchen, die Aktien "erst einmal auspendeln zu lassen" und einen ersten Bodenbildungsversuch abzuwarten. Chart-Unterstützungen hätten inmitten von Verkaufspanik nur selten eine Wirkung./ajx/tih/ag/jha/
Quelle: dpa-Afx