20 Jahre nach dem Börsengang des ehemaligen Staatsmonopolisten Telekom (Deutsche Telekom) aber ziehen Experten dennoch kein verheerendes Fazit, da "die Ausschüttungen an die Aktionäre in der Regel attraktiv waren", sagt Frank Wieser, Geschäftsführer bei PMP Vermögensmanagement.
Insofern sei der damalige Konzernchef Ron Sommer auch nicht der oft beschrieene "Totengräber der Aktienkultur" in Deutschland, betonen Fachleute wie Lothar Koch, Portfoliomanager bei GSAM + Spee Asset Management. Zur Ehrenrettung Sommers gehört im Rückblick auch die Feststellung, dass sich viele Akteure zu jener Zeit nicht gerade mit Ruhm bekleckert haben. So waren Anleger Mitte der 90er-Jahre geradezu elektrisiert von der Goldgräberstimmung, die an der Börse herrschte. Sie wollten um fast jeden Preis mitverdienen an den vielen "Zukunftsunternehmen", die seinerzeit dank Internet und Mobiltelefon wie Pilze aus dem Boden sprossen.
Und zum Zeitpunkt des Börsengangs im November 1996 sei eben auch die Telekom "hip" gewesen, gibt Wieser zu bedenken. An diesem Image freilich hat Sommer auch kräftig gefeilt. Es gelang ihm, mit dem kürzlich verstorbenen Schauspieler Manfred Krug einen Sympathieträger zu gewinnen, der mit dem Slogan "Die Telekom geht an die Börse, und ich gehe mit" warb. Ein Erfolg auch für den Staat, der im Hintergrund fleißig die Werbetrommel rührte, um einen möglichst hohen Preis für seine Aktien zu erzielen.
In dieser Zeit entstand letztlich eine gigantische Blase, welche die T-Aktie vom Ausgabekurs bei umgerechnet 14,57 Euro bis auf sagenhafte 103,50 Euro im Februar 2000 hievte. Doch fast auf dem Fuße folgte der weltweite Absturz der Technologiewerte, dem sich die Telekom nicht entziehen konnte. Gewiss machte auch Sommer im Nachhinein betrachtet Fehler, die dem Aktienkurs zusetzten: So wurde der US-Mobilfunkanbieter VoiceStream für zu viel Geld gekauft, zudem stieg der Schuldenberg rasant. Innerhalb von nur gut zweieinhalb Jahren nach Erreichen des Rekordhochs landeten die Papiere damit bei 8,42 Euro auf dem Boden der Tatsachen.
Der Kursrutsch der T-Aktien habe vielen Privatanlegern den Nerv geraubt, sagt Marktstratege Robert Halver von der Baader Bank. So sei der Gedanke wieder verlorengegangen, breite Bevölkerungsschichten mit Hilfe der Aktie an den Erträgen des Kapitals zu beteiligen.
Dazu beigetragen hat sicherlich auch, dass der Staat im Zuge des Internet-Booms im Juni 1999 zum zweiten Mal frisches Geld eingesammelt hatte, diesmal aber zum deutlich hören Ausgabepreis von 39,50 Euro. Wer seinerzeit eingestiegen war, hat aus heutiger Sicht Geld verloren. Im Jahr 2000 dann platzierte die bundeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau T-Aktien aus Staatsbesitz am Markt. Der Preis lag bei satten 66,50 Euro je Stück. Bei dieser dritten Tranche ist wegen Streitigkeiten um Inhalte aus dem Wertpapierprospekt bis heute ein Gerichtsverfahren anhängig.
Die Finanzbranche muss sich derweil ebenfalls Fehler ankreiden lassen. So haben die Berater wohl auch gern schnell an den Provisionen im Zuge des Börsengangs der Telekom mit verdient und dabei vernachlässigt, die Anleger auf die Vorteile eines breit gestreuten Portfolios hinzuweisen.
Aktuell notieren die Anteilsscheine wieder bei 14,585 Euro und damit in etwa in Höhe des Ausgabekurses. Dabei ist die reine Kursbetrachtung nur die halbe Wahrheit. Denn die stets im Mai überwiesenen Gewinnbeteiligungen summierten sich immerhin auf 11,19 Euro, haben die Experten der Research-Plattform Dividendenadel ausgerechnet. Bezogen auf den Emissionskurs ergebe dies immerhin ein Plus von insgesamt 77 Prozent beziehungsweise eine jährliche Rendite von 2,8 Prozent. Wer seine Dividenden zudem stets in neue T-Aktien angelegt und damit den Zinseszinseffekt mitgenommen hat, kann sich sogar über ein Kursplus von mehr als 100 Prozent freuen.
Zum Vergleich: Eine durchschnittlich verzinste Spareinlage mit dreimonatiger Kündigungsfrist hätte im selben Zeitraum lediglich einen Gewinn von rund 30 Prozent gebracht. "Gerade für die Käufer der ersten Stunde zeigt sich so der Sinn einer langfristigen Aktienanlage", resümiert Vermögensverwalter Koch.
Auf einem anderen Blatt steht derweil, dass an europäischen Telekom-Aktien interessierte Anleger in den vergangenen gut 20 Jahren ihr Kapital auch auf andere Weise leicht vermehren konnten. So hätte ein Investment in ausgesuchte Branchenwerte wie Telefonica oder Vodafone für eine Verdoppelung oder gar eine Verfünffachung des Einsatzes gesorgt - Dividenden noch nicht einmal mitgerechnet./la/men/stb
--- Von Lutz Alexander, dpa-AFX ---
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