Ein Platz für Gold, Schmuck oder Bares: In Zeiten von Corona und Negativzinsen werden Schließfächer beliebter. Doch nicht jeder Anbieter hält, was er verspricht. Von Felix Petruschke
Es ist einer der bekanntesten Bankräuberfilme der vergangenen Jahre: Eine Gruppe ausgefuchster Diebe, angeführt von Clive Owen und gejagt von Denzel Washington, überfällt eine New Yorker Bankfiliale. Sie nehmen die Kunden und Angestellten als Geiseln und verschanzen sich in der Bank. Am Geld der Bank sind sie nicht interessiert, sondern am Inhalt der Schließfächer im Keller. Dort lagern die wahren Schätze.
Was im Film "Inside Man" bloße Fiktion ist, dürfte bei so manchem Schließfachbesitzer beim Zusehen eine Gänsehaut ausgelöst haben. Denn die Zahl der Schließfachbesitzer in Deutschland nimmt zu: Bernd Elsenhans, Geschäftsführer des Anbieters EMS Werteinlagerung, berichtet, dass sich das Interesse für Schließfächer durch die Corona-Krise mehr als verdoppelt habe: "Im Februar waren es noch rund fünf bis sieben Anrufe pro Tag. Mittlerweile sind es zwischen zehn und 15."
Bereits vor Corona war die Nachfrage wegen niedriger respektive negativer Zinsen hoch: Statt das Geld auf dem Konto zu parken, packen es immer mehr Leute in ein Schließfach. Laut Bankenverband besaß jeder zehnte Deutsche 2018 ein Schließfach; vier von fünf Deutschen haben zumindest schon einmal darüber nachgedacht.
Aber lohnt sich das überhaupt? Und wie sicher sind Schließfächer wirklich? Um das herauszufinden, hat das Deutsche Kundeninstitut (DKI) im Auftrag von €uro erstmals eine groß angelegte Untersuchung durchgeführt und 16 Banken und drei spezielle, externe Schließfachanbieter getestet.
Große Unterschiede. Externe Schließfachanbieter haben sich auf das Geschäft mit Schließfächern spezialisiert. Sie unterscheiden sich von Banken vor allem durch die Größe ihres Filialnetzes, die Höhe der Jahresgebühren und den Schutz der Anonymität der Kunden: Während Banken verpflichtet sind, die Eröffnung eines Schließfachs an das Finanzamt zu melden, müssen externe Anbieter keine Angaben machen. Dafür sind bei Banken in der Regel die Jahresgebühren für ein Schließfach günstiger als bei externen Anbietern. Im Gegenzug haben die Kunden aber auch meist nur während der Öffnungszeiten der Bank Zugriff auf ihr Schließfach.
Weiterer Unterschied: Die drei externen Anbieter sind an jeweils einem einzigen Standort (Heidenheim, Leipzig oder Hamburg) vertreten. Kunden müssen also zum Teil eine stundenlange Anfahrt in Kauf nehmen. Die Banken verteilen sich dagegen über ganz Deutschland und bieten in fast jeder Filiale Schließfächer zur Miete. Die Commerzbank hat mit 575 Filialen und insgesamt rund 270000 Schließfächern das größte Angebot. Die Kriterien des Tests stehen auf Seite 105, das Gesamt-Ranking im Kasten unten. Die Tabellen mit den Kategorien "Konditionen", "Angebot", "Preis-Leistungs-Verhältnis" und "Kundenservice" finden sich weiter unten. In der Zusatzkategorie "Sicherheit" ermittelt das DKI den Anbieter mit den höchsten Sicherheitsstandards. Fünf der Anbieter wollten hierzu keine Angaben machen.
Spezialanbieter überzeugen. Klarer Testsieger ist die Firma EMS Werteinlagerung aus Heidenheim. Die Schwaben wurden in jeder Testkategorie mit der Note "sehr gut" bewertet. In den Kategorien "Angebot", "Kundenservice" und "Preis-Leistungs-Verhältnis" reichte es - ebenso wie in der Zusatzkategorie "Sicherheit" - für Platz 1.
Positiv bewertet wurde von den Prüfern unter anderem, dass der Testsieger im Vergleich zu allen externen Anbietern bei großen Schließfächern die geringsten Gebühren verlangt, mit rund 3000 die meisten Schließfächer an einem Ort und die größte Auswahl an Schließfachgrößen anbietet. Zudem gibt es bei den Schwaben (ebenfalls wie bei Goldkontor Hamburg) die Möglichkeit, direkt online einen Besichtigungstermin zu vereinbaren. Auch im Bereich Kundenservice überzeugte EMS mit der zweitschnellsten Reaktion auf E-Mails.
Weiterer Pluspunkt: Nur bei EMS und der Kreissparkasse Köln sind alle abgefragten 19 Gefahren von Schäden (Feuer, Wasser, Diebstahl) bereits in der Basisschließfachversicherung (Versicherungssumme EMS: 20000 Euro) enthalten. Auch die anderen externen Anbieter, Philoro Edelmetalle und Goldkontor Hamburg, überzeugten im Test mit der Note "sehr gut". Im Unterschied zu EMS bieten sie aber deutlich weniger Schließfächer (Philoro: knapp 500) und weniger unterschiedliche Schließfachgrößen an. Die Mindestmietdauer liegt bei EMS nur bei vier Wochen - bei Goldkontor bei einem ganzen Jahr.
Nur eine Bank kann mithalten. Die Kreissparkasse Köln überzeugte im Test mit einem "sehr guten" Angebot und "sehr guten" Konditionen (dritter und fünfter Platz). Nur in der Kategorie "Kundenservice" gibt es noch Luft nach oben (fünftletzter Platz): Hauptmanko waren hier fehlende Informationen auf der Internetseite. Die Kreissparkasse punktet aber durch niedrige Gebühren in den Schließfachgrößen bis 15 und bis 30 Liter (dritt- und viertniedrigste Kosten). In der Basisversicherung sind alle abgefragten Gefahren und Schäden (auch Bargeld) abgedeckt. Auch die Versicherungshöhe ist mit 10 300 Euro vergleichsweise hoch (sechstbester Anbieter unter den Banken).
Schlusslicht im Test ist die Stadtsparkasse München: Für Kritik sorgte etwa, dass die Jahresmietgebühr keine Basisversicherung enthält. Kunden haben somit nur die Möglichkeit, eine Zusatzversicherung mit zusätzlichen Gebühren abzuschließen. Auch in der Kategorie "Angebot" (vorletzter Platz) konnten die Münchner nicht überzeugen: Die Schließfächer werden ausschließlich an Kunden der Bank vermietet; die Mindestlaufzeit ist mit einem Jahr (zusammen mit Goldkontor) am höchsten.
DKI-Chef Jörn Hüsgen erklärt, dass die Wahl des Schließfachanbieters im Zweifelsfall von den verwahrten Wertgegenständen abhängig sein sollte: "Kunden, die auf Nummer sicher gehen wollen, sollten die Angebote von externen Anbietern genau prüfen. Im Vergleich zu Banken bieten sie ein großes Leistungsangebot und hohe Sicherheitsstandards, allerdings nur gegen relativ hohe Jahresgebühren."
Sicherheit kostet. Sechs der getesteten 16 Banken (darunter die Commerzbank) gaben an, dass bei ihnen nicht an allen Standorten dieselben Sicherheitsstandards gelten. Den geringsten Schutz bieten die Filialen der Sparkasse Leipzig: Hier befinden sich die Schließfächer nur teilweise unter der Erde, eine schriftliche Dokumentation des Zugangs gibt es nicht immer, und nach einem Ausweis wird überhaupt nicht gefragt. Beim Sieger EMS wurden dagegen nahezu alle Sicherheitskriterien erfüllt: Die Schließfächer werden (genau wie bei Philoro und Goldkontor) durch einen 24-Stunden-Wachdienst geschützt. Zusätzlich bietet EMS als einziger Anbieter eine Sicherheitsschleuse für Pkw und eine Kombination aus mechanischer, elektronischer und biometrischer Zugangskontrolle und Überwachung.
Für diese hohen Sicherheitsmaßnahmen werden freilich auch happige Gebühren fällig: Für das größte Schließfach (100 Liter) fallen 999 Euro Jahresgebühren an. Für das kleinste in der Größe einer Schuhschachtel (sieben Liter) 208 Euro im Jahr. Geschäftsführer Elsenhans betont aber, dass für seine Kunden die Gebühren zweitrangig seien. Viel wichtiger: höchste Sicherheit, Anonymität und die Rund-um-die-Uhr-Zugangsmöglichkeit zum Schließfach - für Notfälle. Bei Wertgegenständen von vermutlich vielen Millionen Euro im Schließfach ist das kaum verwunderlich. Schon in das kleinste Schließfach passen mindestens 5,4 Kilogramm Bargeld - oder eine Million Euro in 200-Euro-Scheinen.
TESTERGEBNISSE IM ÜBERBLICK
So wurde getestet
Im vorliegenden Schließfach-Test hat das DKI 16 Banken und drei externe Anbieter nach den Kategorien "Konditionen", "Angebot" und "Kundenservice" mit insgesamt 175 Einzelkriterien untersucht - per Befragung der Anbieter, verdeckte Kontakte und Analyse der Internetseiten. In die "Konditionen" (Gewicht: 40 Prozent) flossen unter anderem ein: Jahresgebühr für ein Schließfach, enthaltene Basisversicherung, Höhe der Versicherungssummen. Da es keine Normgrößen für Schließfächer gibt, hat das DKI Kategorien bis 15 Liter, bis 30 Liter, bis 50 Liter und über 50 Liter gebildet. In den jeweiligen Kategorien wurden dann die Durchschnittskosten (Banken und externe Anbieter separat) miteinander verglichen. Anbieter, die eine bestimmte Größe nicht anbieten konnten, bekamen keine Punkte.
In das "Angebot" (Gewicht: 33 Prozent) flossen dann beispielsweise ein: Auswahl an verschiedenen Schließfachgrößen, Anzahl Schließfächer insgesamt, Zugangsmöglichkeiten zum Schließfach, enthaltene Leistungen im Versicherungsfall.
In den "Kundenservice" (Gewicht: 27 Prozent) flossen unter anderem ein: Kontakt per Hotline und E-Mail, Internetauftritt, Informationsangebot.
Unabhängig von den oben genannten Kriterien wurde in der Zusatzkategorie "Sicherheit" der Schließfachanbieter mit den besten Schutzmaßnahmen, etwa durch zertifizierte Sicherheitsstandards oder durch einen Wachdienst, ermittelt. Fünf der Anbieter wollten aus Sicherheitsgründen keine Auskunft geben. Das Ergebnis floss nicht in die Gesamtwertung ein.