Herr Pieper, Volkswagen hat heute die endgültigen Jahreszahlen für 2015 vorgelegt. Wie beurteilen Sie das Zahlenwerk?


Die Zahlen sind gemessen an den Bedingungen, vor allem an Dieselgate gut. Die Marken Porsche, Audi, Scania und auch Skoda bleiben die stabilen Säulen im Konzern.

Volkswagen hat die Rückstellungen für den Dieselskandal unlängst auf 16,2 Milliarden Euro erhöht. Aber es gibt Klagen - auch von Investoren etwa in Deutschland. Sie werfen dem Konzern vor, den Kapitalmarkt zu spät über die Diesel-Ermittlungen der US-Behörden informiert zu haben. Reichen die aktuellen Rückstellungen vor diesem Hintergrund aus?


Ich rechne am Ende mit Gesamtkosten für Dieselgate von 20 Milliarden Euro. Und was die Schadenersatzansprüche anbelangt: Die Erfahrung lehrt, dass Aktionärsinteressen vor deutschen Gerichten normalerweise keinen hohen Stellenwert haben.

In den USA ist das Image der Marke VW wegen des Dieselskandals gründlich ruiniert. Hat die Marke VW in den USA überhaupt eine Zukunft?


In den USA steht dem Konzern ein langer, harter Weg ‎zu einer besseren Zukunft bevor. Voraussetzung dafür ist, dass Dieselgate besser gemanagt wird als in den vergangenen Monaten. Und die nächsten Modelle, die am Markt eingeführt werden, müssen sitzen.

Auch in Europa ist VW unter Druck. Seit Ausbruch von Dieselgate sinkt der Marktanteil. Was muss VW in Europa und den USA konkret tun, um wieder zuzulegen und wie lange könnte das dauern?


Aus meiner Sicht steigen die Aufträge in Europa schon lange wieder. Aber der Markt braucht noch mehr Signale für eine Umorientierung zur E-Technik und zu mehr Sensibilität mit allen relevanten Zukunftsthemen. Nötig wären dabei auch weniger niedersächsische Dickköpfigkeit, mehr Geschmeidigkeit und Sensibilität.

Neben dem Dieselskandal hat VW ja noch ein anderes Riesen-Problem. Die operative Marge ist 2015 erneut gesunken und liegt inzwischen bei 2,0 Prozent. VW peilt mittelfristig einen Wert von sechs Prozent. Was müsste VW konkret tun, um dahin zu kommen?


Um die Rendite zu verbessern, müssen alle Hebel in Bewegung gesetzt werden: Also mehr Effizienz in den Werken, was auch einen gewissen Stellenabbau bedeutet, weniger Komplexität, und auch etwas weniger Perfektionismus.

Der größte Hebel wären Stellenstreichungen. Aber der Widerstand im Betriebsrat ist riesig. Kann VW die eigene Vorgabe ohne Stellenabbau überhaupt erreichen?


Klar ist jedenfalls: Ohne einen zumindest weichen Stellenabbau über das Nutzen von Fluktuation wird es sehr schwer, die Marge nach oben zu bringen.