Im vergangenen Sommer notierte der Ölpreis noch deutlich über der Schwelle von 100 Dollar. Rund sechs Monate später bezahlten Investoren nur noch 50 Dollar je Barrel, ein fast schon historischer Absturz. Die anschließende Erholung bis Anfang Mai von mehr als 40 Prozent war zwar ebenfalls kräftig, vor dem Hintergrund der vorherigen Korrektur ist die Bewegung aber nur als kraftloser Impuls einzuordnen. Seit rund drei Wochen geht der Trend nun wieder Richtung Süden. Charttechnisch sieht es derzeit nach einer Seitwärtsbewegung aus, die Range verläuft zwischen 50 Dollar bis 70 Dollar.

Nüchtern betrachtet war die Erholung ohnehin nur stark spekulativ getrieben. Höhere Preise lassen sich fundamental kaum rechtfertigen. Besonders an der Überversorgung an den Weltmärkten hat sich nichts verändert. Im April erhöhte die OPEC ihre Produktion mit 31,2 Millionen Barrel pro Tag sogar auf den höchsten Stand seit September 2012. Zugleich rechnet die Internationale Energieagentur im laufenden Jahr nur mit einem Bedarf an OPEC-Öl von 29,2 Millionen Barrel. Auch auf der nächsten Sitzung des Kartells Anfang Juni in Wien werden sehr wahrscheinlich keine preisstützenden Kürzungen beschlossen, weil die Mitglieder keine Marktanteile an die US-Ölindustrie abgeben wollen. Zudem könnte schon bald noch mehr Öl auf die Weltmärkte gelangen, wenn die vom Westen verhängten Sanktionen gegen den Iran gelockert werden.

Aber auch in den USA bleibt das Angebot unverändert hoch. Obwohl die Zahl der aktiven Bohrtürme zuletzt auf den niedrigsten Stand seit August 2010 fiel, blieb die gesamte Produktion auf einem sehr hohen Niveau. Daran zeigt sich, dass bereits die Konzentration auf besonders produktive Anlagen den gesamten Rückgang ausreichend kompensierte. Mit den zuletzt höheren Preisen kam es auch zu einer Verlangsamung des seit 23 Wochen anhaltenden Rückgangs der Bohraktivitäten. Anders formuliert: Die Ölpreise sind offenbar wieder auf einem Niveau, welches die Förderung attraktiv erscheinen lässt. Sollten die Notierungen weiter steigen, kommen weitere Anlagen sowie noch nicht ganz fertiggestellte Bohrungen hinzu.

Vorerst wird daher weltweit auch weiterhin zu viel Öl aus der Erde sprudeln. Einen Engpass wird es nicht geben, selbst wenn die zuletzt schwächere Konjunktur in den USA und China wieder anziehen sollte. Ein weiterer Absturz ist allerdings auch nicht zu erwarten. Je tiefer der Preis fällt, desto geringer die Anzahl an Anlagen, die noch rentabel arbeiten. Unter dem Strich sprechen die Signale somit für eine Seitwärtsbewegung. Dies zeigen auch die Reaktionsmuster nach dem Ölpreis-Absturz 1985 und 2008. Nach einer ersten Erholung pendelten die Notierungen damals für einige Monate auf niedrigem Niveau.



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Clevere Alternative

Anleger können auch von einer richtungslosen Entwicklung bei Brent zwischen 50 bis 70 Dollar verstärkt profitieren. Für risikobereite Akteure bieten sich Inline-Optionsscheine an, mit denen auf ein solches Szenario gesetzt wird. Passend zu den Grenzen eignet sich die WKN SG6VAG. Sollte Brent bis zum Ende der Laufzeit im Dezember 2015 die Range von 45 bis 85 Dollar nicht verlassen, steigt das währungsgesicherte Papier um knapp 50 Prozent oder 94 Prozent p.a. Wird hingegen eine Grenze berührt, verfällt der Inliner wertlos. Je nach Kursentwicklung ist daher auch ein zwischenzeitlicher Verkauf sinnvoll.















Franz-Georg Wenner ist Chefredakteur des börsentäglichen Anlegermagazins "Index-Radar". Der Spezialist für Technische Analyse ist regelmäßiger Gast beim Deutschen Anlegerfernsehen (DAF), Gastautor bei n-tv und gern gesehener Vortragsredner. Er hält regelmäßig Webinare, referierte unter anderem beim Verein Technischer Analysten Deutschlands (VTAD) und betreute mehrere Jahre für die Commerzbank den Zertifikate-Newsletter ideas daily.

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