Die verschärften Pandemie-Restriktionen in Deutschland und anderen europäischen Staaten dämpfen die Kauflaune der Aktienanleger. Echter Verkaufsdruck komme aber nicht auf, sagte Analyst Christian Henke vom Brokerhaus IG. "Vielmehr überwiegt weiterhin die Hoffnung auf eine absehbare Rückkehr zur Normalität."

Bund und Länder hatten sich als Reaktion auf die steigenden Coronavirus-Fallzahlen am Dienstag auf eine Verlängerung des Lockdowns bis zum 18. April geeinigt. Außerdem soll das öffentliche Leben um Ostern herum fast völlig heruntergefahren werden.

"Die dritte Infektionswelle verschiebt die Wiedereröffnung der Wirtschaft in Europa weit in den Sommer hinein", sagte Analyst Jochen Stanzl vom Online-Broker CMC Markets. "Eine Rückkehr zu weltweitem Reiseverkehr wird somit erst einmal unwahrscheinlich, was man auch an der negativen Entwicklung der Touristik- und Reiseaktien ablesen kann." Der europäische Index für diese Branche fiel um gut ein Prozent.

Die Pandemie-Beschränkungen würden sich auch negativ auf die Rohöl-Nachfrage auswirken, prognostizierte Commerzbank-Analyst Carsten Fritsch. Die Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich um mehr als vier Prozent auf 61,90 Dollar je Barrel (159 Liter).

IMPFSTOFF-STREIT SETZT PFUND STERLING ZU


Dem Pfund Sterling setze unterdessen das drohende Exportverbot von Corona-Impfstoffen aus der EU nach Großbritannien zu, sagte Analyst Lars Sparrenso Merklin von der Danske Bank. Er glaube zwar nicht, dass es so seit kommen werde. "Das Thema muss aber genau beobachtet werden." Die britische Währung fiel um bis zu 0,8 Prozent auf ein Sechs-Wochen-Tief von 1,3750 Dollar.

Ins Rampenlicht rückte erneut AstraZeneca, nachdem eine US-Behörde Zweifel an den Daten aus einer US-Studie zur Wirksamkeit des Corona-Impfstoffs des Konzerns geäußert hatte. Der Pharmakonzern kündigte eine sofortige Zusammenarbeit mit dem zuständigen Überwachungsgremium an. Unabhängig davon drohte die Leiterin des EU-Impfprogramms, Sandra Gallina, AstraZeneca mit nicht näher bezeichneten Maßnahmen, sollte das Unternehmen seinen Lieferverpflichtungen für den Corona-Impfstoff nicht nachkommen. AstraZeneca-Aktien fielen in London um 1,2 Prozent.

Im Dax war Volkswagen mit einem Minus von 3,3 Prozent das Schlusslicht. Nach dem Höhenflug der vergangenen Tage machten Börsianer bei dem Autobauer Kasse. Gleiches galt für die Titel des VW-Großaktionärs Porsche SE, die zur Eröffnung noch ein 13-Jahres-Hoch von 94,86 Euro markiert hatten. Bis zum frühen Nachmittag fielen sie um fünf Prozent.

TALFAHRT TÜRKISCHER BÖRSEN VERLANGSAMT SICH


Unterdessen ließ der Verkaufsdruck an den türkischen Börsen teilweise nach. Der Istanbuler Aktienindex legte nach seinem knapp zehnprozentigen Einbruch sogar ein Prozent zu. Die dortigen Banken büßten dagegen den zweiten Tag in Folge im Schnitt fast zehn Prozent ein. Auch die Währung des Landes wertete erneut ab. Im Gegenzug verteuerten sich Dollar und Euro zeitweise um jeweils etwa zwei Prozent auf 7,9415 beziehungsweise 9,5087 Lira.

"Die Lira ist zwar zweifellos überverkauft", sagte Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade. Die Zentralbank müsse aber einige Anstrengungen unternehmen, um das Vertrauen der Anleger zurückzugewinnen. Die überraschende Entlassung des türkischen Notenbankchefs durch Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte zum Wochenauftakt Zweifel an der Unabhängigkeit des Instituts und Furcht vor einer Trendwende bei der Geldpolitik geschürt.

rtr