von Robert Halver

An Edelmetallen scheiden sich die Geister. Für die einen ist es nur eine Anlageform für Endzeitbeschwörer. Für die anderen ist es das einzig Wahre in krisenhafter Zeit. Immerhin führen Gold und Silber - nach einem glanzlosen Jahr 2013 - die Performance-Hitliste aller wichtigen Anlageklassen mit jeweils ca. 10 Prozent Kursgewinnen an.

Als Gründe dafür werden zunächst die sattsam bekannten, alten Krisensymptome in Euroland - Überschuldung, Euro-Politik - und die neuen z.B. in den Schwellenländern genannt. Ein Begründungs-Evergreen ist natürlich weiterhin die blutarme Alternativanlageform "Zinsvermögen". Dort bleibt nach Preissteigerung nix oder sogar noch weniger als nix übrig. Und als "Dankeschön" zahlen wir oben drauf auch noch Abgeltungssteuer. Überhaupt, die Diskussion, wie Anleger in Sparbüchern, Festgeldern und Staatspapieren im Bedarfsfall an der Kernsanierung der überschuldeten Staatsfinanzen beteiligt werden können, hält sich hartnäckig. In Zypern hatte man bereits 2013 einen Versuchsballon in der Disziplin "Umgekehrter Banküberfall" gestartet.

So hat der Zinssparer ein doppeltes Anlageproblem: Keine Rendite in guten Zeiten und in schlechten Zeiten geht es auch noch ans Eingemachte, an die Substanz. Trotzdem legen wir Deutschen unser Geldvermögen ironischerweise treu wie Gold zu etwa 80 Prozent in Zinsvermögen an. Wer hat eigentlich behauptet, wir Deutschen hätten keinen Humor?

Auf Seite 2: Geld schmiert zwar Gold…

Geld schmiert zwar Gold…

Die entscheidende Backhefe für Edelmetalle ist Geld, das Geld der Notenbanken. Unsere EZB bleibt der hochprofessionelle Schuldenmanager der Eurozone. Mit Blick auf das Schulden- und Wirtschaftselend in Euro-Süd soll ihre Wunderheilung möglichst nach dem Mond-Prinzip verlaufen: Die Krise darf sich kurz am Abend zeigen, spätestens am nächsten Morgen muss sie aber verschwunden sein. Ohnehin will man mit Blick auf die Europawahl am 25. Mai 2014 den Euro-kritischen Parteien auf keinen Fall Wasser auf ihre politischen Mühlen leiten. Was könnten die ansonsten im Europaparlament so alles anrichten! Mit einer Alles wird gut-Beruhigungsstrategie will man sozusagen eine vermeintliche Unterwanderung der linientreuen Metzgerinnung durch subversive Vegetarier behindern.

Gegenüber Japans Staatsverschuldung von weit über 200 Prozent der Wirtschaftsleistung ist Griechenland ein Stabilitätsanker. In Nippon werden schon 25 Prozent der Steuereinnahmen für Zins- und Tilgungsleistung verwendet. Die Bank of Japan ist gezwungen, mit geldpolitischer Zinsdrückung das Leben des japanischen Finanzministers - sein Schuldenmanagement - zu vereinfachen. Zuletzt hat sie ihrer Freude an geldpolitischer Offensivkraft noch etwas mehr Nachdruck verliehen.

Und die Geldpolitik in den USA? Nun, seit dem ersten offiziellen Auftritt von Janet Yellen als Notenbankchefin wissen wir, dass die geldpolitischen Falken bei der Fed Hausverbot haben und für die geldpolitischen Tauben der permanente Tag der offenen Tür ausgerufen wurde. Wie anderenorts Mutti, hat Mum in Amerika alles im Griff.

Frei nach Marlene Dietrich könnte man sagen: Die Notenbanken sind von Kopf bis Fuß auf Rettung eingestellt. Wenn das mal keine Glanzpolitur für Gold und Silber ist.

Auf Seite 3: …aber die Geldpolitik kann vorerst keine Ersatzwährung zu Geld zulassen

…aber die Geldpolitik kann vorerst keine Ersatzwährung zu Geld zulassen

Da mag es zunächst wie ein Widerspruch klingen, dass sich die Notenbanken aktuell einem dramatischen Anstieg von Gold und Silber entgegen stellen. Denn ihre Finanzweltrettung ist auf Dollar, Yen und Euro, also auf Geld gebaut. Harte und steigende Ersatzwährungen gegenüber Geld? So begründet dies fundamental auch wäre, es kann nicht sein, was nicht sein darf. Man stelle sich vor, der Friseur um die Ecke käme auf die Idee, als Lohn für Kurzharrschnitte oder Dauerwellen statt Euro als Papiergeld aus Baumwolle Edelmetallunzen zu verlangen. Würde dieses Beispiel einer Alternativwährung Schule machen, wäre die bislang tatsächlich funktionierende "Geld"-politische Finanzweltrettung zukünftig ungefähr so erfolgreich wie Heizen im Winter bei offenen Fenstern. Also halten die Notenbanken - obwohl die physische Goldnachfrage grundsätzlich robust ist - die Kurse von Gold und Silber mit ihrer Liquiditätskeule über die Terminmärkte unten. Ende des Jahres könnten Gold daher "nur" bei ca. 1400 und Silber um die 25 US-Dollar stehen.

Auf Seite 4: Gold und Silber werden früher oder später glänzen

Gold und Silber werden früher oder später glänzen

Beim Kurspotenzial von Gold und Silber ist also Geduld gefragt. Immerhin aber erfüllen Gold und Silber schon heute ihre Werterhaltungsfunktion. Denn die langfristige Perspektive sollte nicht ignoriert werden. Früher oder später werden wir für die geldpolitisch gekünstelte Stabilität der in Schuldenschönheit erstarten Finanzwelt einen hohen Preis zahlen müssen. Leistung ohne Gegenleistung funktioniert in der Finanzwirtschaft nicht. Die Inflation wird irgendwann zuschlagen und die Sicherheit der Staatspapiere neu definiert. Und genau dann wird aus dem schönen deutschen Volkslied "Gold und Silber lieb' ich sehr…"ein Evergreen.

Übrigens, die Notenbanken kaufen zu den von ihnen subventionierten Preisen physisches Gold regelmäßig selbst. Sie werden wissen warum. Gegen einen Edelmetallanteil am Gesamtvermögen von bis zu 10 Prozent ist nichts einzuwenden.

Robert Halver leitet die Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank.