Die Europäische Zentralbank (EZB) werde an ihrer Geldpolitik vorerst nicht rütteln, sagte Dirk Steffen, Chef-Anlagestratege der Deutschen Bank. "Die Währungshüter legen neue Projektionen vor und dürften ihre Erwartungen für das Wachstum und für die Inflation im Euroraum kräftig anheben. Daher wird am Markt bereits intensiv diskutiert, wie es mit den Anleihekäufen weitergeht." Insidern zufolge will der Rat in der kommenden Woche erstmals seit Beginn der Pandemie wieder physisch zusammentreten. Auf einem dreitägigen Treffen in der Nähe von Frankfurt soll über den laufenden Strategiecheck beraten werden.
THEMA INFLATION IST NICHT AUSGESTANDEN
Auch die immer wieder aufkommenden Inflationssorgen beschäftigten die Anleger weiterhin. "Zwar sieht die Federal Reserve in dem jüngsten Preisanstieg nur einen vorübergehenden Effekt, die Marktteilnehmer sind jedoch einer anderen Meinung", sagte Analyst Christian Henke vom Brokerhaus IG. Sie fürchteten, dass die Notenbank gezwungen sein könnte, die geldpolitischen Zügel vorzeitig anzuziehen.
Experten erwarten für Mai im Jahresvergleich einen Anstieg der US-Inflation auf 3,4 von drei Prozent. Aber selbst wenn der Preisdruck größer ausfalle, sei vorerst nicht mit größeren Kursausschlägen zu rechnen, prognostizierte Commerzbank-Analystin Antje Praefcke. Vor den geldpolitischen Beratungen der US-Notenbank (Fed) in der kommenden Woche werde sich niemand aus dem Fenster lehnen wollen.
ÖLPREIS STEIGT AUF MEHRJAHRESHOCH
Unterdessen deckten sich Investoren mit Rohöl ein. Der Preis für die Sorte Brent aus der Nordsee stieg um 0,8 Prozent auf ein Zwei-Jahres-Hoch von 72,83 Dollar je Barrel. Die US-Sorte WTI gewann ähnlich stark und war mit 70,62 Dollar so teuer wie zuletzt vor knapp drei Jahren. "Die jüngsten Verkehrsdaten deuten darauf hin, dass sich mit der Lockerung der Pandemie-Restriktionen Reisende wieder verstärkt auf den Weg machen", konstatierten die Analysten der ANZ Bank.
WINDELN.DE AUF ACHTERBAHNFAHRT
Bei den Aktienwerten stachen Windeln.de erneut heraus. Die Titel des Online-Babyausstatters stiegen zunächst um weitere 25 Prozent, bevor sie bis zu 11,2 Prozent verloren. Damit waren sie aber immer noch rund sieben Mal so teuer wie vor einer Woche. Ähnlich wie beim US-Videospielehändler Gamestop und der Kinokette AMC wird die Hausse von Kleinanlegern angetrieben, die sich in Internet-Foren gegenseitig zu Käufen ermuntern.
Gefragt waren auch Reise- und Touristikwerte, deren europäischer Index 0,9 Prozent zulegte. Börsianer verwiesen auf die geplanten Reise-Erleichterungen für die USA. Außerdem habe das EU-Parlament den digitalen Impfpass auf den Weg gebracht.
rtr/dpa-AFX/ak