Einmal pro Woche zeigt der Stimmungsbericht, wie sich auf Basis der Daten vom Dienstag die aktuellen Long- und Short-Positionen von kommerziellen Branchenangehörigen (Commercials), Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) gegenüber der Vorwoche verändert haben. Beim jüngsten Update zur Gemütslage der Marktakteure war bei der Anzahl offener Kontrakte (Open Interest), welche man als Indikator für das allgemeine Interesse an Gold-Futures interpretieren kann, in der Woche zum 2. Juni ein markanter Rückgang von 411.961 auf 398.724 Kontrakte (-3,2 Prozent) registriert worden. Hinsichtlich der Markteinschätzung großer und kleiner Spekulanten gab es hingegen keine größeren Veränderungen zu vermelden.

So verzeichnete zum Beispiel die kumulierte Netto-Long-Position (optimistische Markterwartung) der spekulativen Marktakteure im Berichtszeitraum lediglich einen leichten Rückgang. Innerhalb einer Woche ermäßigte sie sich nämlich von 109.720 auf 108.150 Kontrakte (-1,4 Prozent). Großspekulanten (Non-Commercials) bauten zwar ihr Long-Exposure gegenüber der Vorwoche markant aus, weil sie zugleich die Short-Seite in einer ähnlichen Größenordnung nach oben gefahren haben, wirkte sich dies auf ihren Optimismus kaum aus. Deren Netto-Long-Position gab auf Wochensicht lediglich von 104.694 auf 104.410 Futures (-0,3 Prozent) nach.

Etwas aktiver waren die Kleinspekulanten (Non-Reportables). Ihre Netto-Long-Position wies auf Wochensicht ein signifikantes Minus von 5.026 Kontrakte auf 3.740 Futures (-25,6 Prozent) aus. Ihre Engagements bei Gold-Futures zeichnen sich in erster Linie aber durch keine klare Tendenz und ein hohes Maß an Unentschlossenheit aus. Zur Erinnerung: Ende vergangenen Jahres und Ende März waren sie zeitweise sogar netto short (pessimistische Marktmeinung). Erfahrungsgemäß werden ihre Transaktionen weniger intensiv beobachtet.

Mit Argusaugen verfolgen die Akteure an den Goldmärkten eher die Marktpositionen der Großspekulanten, die mit besonders viel Kapital auf das Auf oder Ab an den Goldmärkten wetten. Sie zielen vor allem darauf ab, mit dem gehebelten Papiergold Rendite zu generieren - über einen steigenden, häufig aber auch über einen fallenden Goldpreis. Als Krisen- oder Vermögensschutz eignen sich Futures allerdings nur bedingt, schließlich erfordern sie funktionierende Finanzsysteme und basieren in hohem Maße auf Liefer- und Zahlungsversprechen. Wer echten Krisenschutz über Gold möchte, kommt um den Kauf von Goldbarren oder -münzen nicht umhin.

Auf Seite 2: Charttechnisch bedingte Nervosität wächst



Aus charttechnischer Sicht hat sich in den vergangenen drei Wochen die Stimmung spürbar eingetrübt. Während dieses Zeitraums rutschte nämlich der Goldpreis nicht nur deutlich unter die Marke von 1.200 Dollar, mit dem Ausverkauf wurde zudem sowohl die 200-Tage-Linie als auch die 100-Tage-Linie markant unterschritten. Dies gilt unter Timingaspekten als klares Verkaufssignal. In der vergangenen Woche wirkte außerdem das Verletzen der im Bereich von 1.180 Dollar verlaufenden Unterstützung negativ. Dadurch droht ein neues Fünfjahrestief, falls das gelbe Edelmetall unter 1.140 Dollar - das Niveau von Anfang November - fallen sollte.

Mit Blick auf die Schuldenproblematik in Europa, Japan und den USA sollte man das gelbe Edelmetall aber auf keinen Fall abschreiben - die nächste Krise kommt bestimmt. Und dann dürfte der bewährte Krisenschutz der Vergangenheit wieder deutlich gefragter sein als heute. Die Analysten trauen dem Goldpreis in den nächsten Jahren nicht gerade viel zu. Deren von der Nachrichtenagentur Bloomberg erfassten Meinungen zu Gold prognostizieren für die kommenden Jahre lediglich einen leicht steigenden Goldpreis.

Für 2015 erwarten 34 Analysten einen durchschnittlichen Goldpreis in Höhe von 1.210 Dollar, der in den beiden folgenden Jahren auf 1.225 Dollar bzw. 1.269 Dollar anziehen soll. Für das laufende Jahr reichen die Prognosen von 1.094 Dollar (National Australia Bank) bis 1.408 Dollar (Incrementum AG). Nun darf man gespannt sein, ob diese in den kommenden Monaten eher nach unten oder nach oben revidiert werden. Ob sich der Goldpreis davon beeinflussen lässt, steht allerdings auf einem anderen Blatt.

Zum Commitments of Traders-Report:

Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat. < br>
Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben.

Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.

Zum Autor:

Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.