Obwohl beim Goldpreis in der vergangenen Woche keine sonderlich starken Kursschwankungen registriert wurden, wies der CoT- Report der US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (siehe nächste Seite) erhebliche Verwerfungen aus.

Einmal pro Woche liefert der Bericht ein Stimmungsbild, wie sich die aktuellen Long- und Short-Positionen von kommerziellen Branchenangehörigen (Commercials), Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) auf Wochensicht verändert haben. Bei der Anzahl offener Kontrakte - der sogenannte Open Interest - war in der Woche zum 5. Mai ein leichter und zugleich wenig auffälliger Rückgang von 403.575 auf 399.988 Kontrakte (-0,9 Prozent) registriert worden. Einen deutlich heftigeren Rücksetzer schlug jedoch unter den spekulativen Marktakteuren zu Buche. Summa summarum brach die Netto-Long-Position (optimistische Markterwartung) großer und kleiner Spekulanten heftig ein und ermäßigte sich von 106.881 auf 74.162 Kontrakte (-30,6 Prozent). Dies stellte den geringsten Optimismus seit sechs Wochen dar. Die wachsende Skepsis machte sich bei den Großspekulanten (Non-Commercials) in einem Rückgang der Netto-Long-Position von 101.257 auf 72.440 Kontrakte (-28,5 Prozent) bemerkbar, während bei den Kleinspekulanten (Non-Reportables) innerhalb einer Woche ein Minus von 5.624 auf 1.722 Kontrakte (-69,4 Prozent) zu beklagen war.

Normalerweise kann sich das gelbe Edelmetall solch heftigen Entwicklungen an den Terminmärkten nicht entziehen. Sowohl in der ersten Februarhälfte als auch in der ersten Märzhälfte löste die wachsende Skepsis spekulativer Marktakteure massive Goldpreisverluste aus. Diesmal blieb der erwartete Reflex hingegen aus, was sich als starkes Indiz relativer Stärke interpretieren lässt.

Auf Seite 2: Analysten geben sich zuversichtlich



Nach den Geschehnissen am vergangenen Donnerstag sind Staatsanleihen bester Bonität ihrem Ruf als sicherer Hafen alles andere als gerecht geworden. An diesem Tag schwankte zum Beispiel der Bund-Future in einer Range von 284 Basispunkten und die Umlaufrendite sprang von 0,42 Prozent auf 0,61 Prozent nach oben. Für die Besitzer von Staatsanleihen zog dies empfindliche Verluste nach sich. Steigende Zinsen schmälern - zumindest in der Theorie - die Attraktivität von Gold. Lehrbuchmäßig nahm beim gelben Edelmetall danach der Verkaufsdruck zu.

Doch so richtig gerechtfertigt scheint dieser Reflex in einer Zeit ausufernder Staats- und Unternehmensschulden nicht zu sein. Zugegeben, Gold bietet seinen Besitzern weder Zins noch Dividenden, aber sollte man im Falle steigender Zinsen verstärkt Gold in Staatsanleihen tauschen?

Vorsichtige Naturen sollten diese Frage eher verneinen, schließlich lassen steigende Renditen auch folgenden Schluss zu: Gläubiger verlangen höhere Risikoprämien für die Überlassung ihres Kapitals. Die Wahrscheinlichkeit, dass die globalen Schuldenberge jemals getilgt werden, tendiert bereits seit Jahren gegen Null. Für den Fall rapide steigender Zinsen dürften nicht nur die maroden Staaten in Zahlungsschwierigkeiten geraten, sondern auch die soliden. Sollte es an den Rentenmärkten zu einer Verkaufspanik kommen, könnte möglicherweise auch Gold darunter leiden, einen Totalverlust mussten sie in den vergangenen Jahrtausenden allerdings noch nie hinnehmen. Von Aktien, Anleihen, Zertifikaten oder Hebelprodukten unterschiedlichster Couleur kann man dies hingegen nicht behaupten.

Die von der Nachrichtenagentur Bloomberg erfassten Goldpreisprognosen für 2015 reichen derzeit von 1.094 bis 1.408 Dollar und ergeben im Durchschnitt aktuell einen Wert von 1.213 Dollar. Das pessimistischste Kursziel stammt von der National Australia Bank, während die Incrementum derzeit am optimistischsten gestimmt ist. Insgesamt kann man den Tenor der Analysten als vorsichtig optimistisch beschreiben, schließlich tendieren die durchschnittlichen Kursziele für die kommenden beiden Jahre mit 1.232 Dollar (2016) und 1.280 Dollar (2017) leicht nach oben.

Zum Commitments of Traders-Report:

Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat.

Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben. Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.

Zum Autor:

Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.