Der Volkswagen-Konzern bringt seine Sportwagentochter Porsche aufs Parkett, und Privatanleger können dabei dank hoher Nachfrage auf Kursgewinne der Porsche-Aktie spekulieren. Von Wolfgang Ehrensberger und Jörg Lang
Investoren zeigen großes Interesse: Die Begleitbanken meldeten bereits zum Auftakt der Zeichnungsfrist am Dienstag, die Bücher seien „über die ganze Preisspanne vielfach überzeichnet“. Dass der Mega-Börsengang trotz des schwierigen Umfelds stattfindet und auf so hohe Nachfrage trifft, gilt auch als positives Signal für den Markt.
Größte Emission seit Telekom 1996
Die Zeichnungsfrist für einen der größten Parkettzugänge der vergangenen Jahrzehnte läuft noch bis zum 28. September. Die Erstnotiz ist für den 29. September geplant. Bei einem Börsenwert von 73 bis 78 Milliarden Euro kann VW allein aus dem Börsengang bis zu 9,4 Milliarden Euro einnehmen. In Deutschland ist es die größte Neuemission seit der Deutschen Telekom 1996 mit Erlösen von 9,65 Milliarden Euro.
Für die Transaktion wurde das Porsche-Grundkapital in 911 Millionen Aktien aufgeteilt, in Anlehnung an das bekannteste Modell 911. Die Hälfte davon sind stimmrechtslose Vorzugsaktien, die andere Hälfte Stammaktien. 25 Prozent der Vorzüge werden am Kapitalmarkt platziert, 25 Prozent der Anteilscheine mit Stimmrecht will der VW-Konzern an den VW-Großaktionär Porsche Holding verkaufen. Daraus fließen VW weitere 9,4 bis 10,1 Milliarden Euro zu. Das heißt: VW wird aus der Transaktion wahrscheinlich fast 20 Milliarden Euro einnehmen.
VW-Aktionären winkt Sonderdividende
Die Wolfsburger hatten stets bekundet, dass sie 49 Prozent des Emissionserlöses an die VW-Aktionäre als Sonderdividende ausschütten wollen — umgerechnet zwischen 17 und 18 Euro pro Aktie. Eine außerordentliche Hauptversammlung soll Ende des Jahres die Sonderdividende beschließen, die Ausschüttung soll Anfang 2023 erfolgen. Fast ein Drittel dieser Dividende wird wiederum dem VW-Hauptaktionär Porsche SE zufließen. In dieser Holding haben die Familieneigentümer Porsche und Piëch ihre VW-Anteile gebündelt. Die Holding finanziert damit wiederum zumindest zum Teil den Einstieg beim Autobauer Porsche.
Diese Verflechtungen und die Doppelfunktion von Porsche und VW-Chef Oliver Blume zählen zu den Punkten, die Fachleute an der Gesamtkonstruktion als Verstöße gegen die Regeln der guten Unternehmensführung (Corporate Governance) bemängeln. Porsche hatte angekündigt, mögliche Interessenkonflikte transparent zu machen und auch mithilfe externer Berater zu kontrollieren.
Große Ankeraktionäre wie das Emirat Katar, Abu Dhabi, Norwegens Staatsfonds und der Vermögensverwalter T. Rowe Price ziehen bei der Emission mit insgesamt 3,6 Milliarden Euro mit. Durch den Börsengang finanziert VW vor allem die Elektrotransformation, auch die VW-Aktie könnte so neuen Schub erhalten.
Porsche wiederum will mit dem Börsengang „eine sehr starke und gut diversifizierte Aktionärsbasis ansprechen können“, wie Porsche-Chef Oliver Blume erläuterte. Der Börsenwert des Streubesitzanteils von rund zehn Milliarden Euro könnte ausreichen, die Aktie in den DAX zu heben, was weitere Nachfrage durch Indexanleger auslösen wird.
Was möglich sein könnte, zeigt der Vergleich zur Aktie von Ferrari. Der Sportwagenbauer erreicht bei einem erwarteten Betriebsergebnis von 1,7 Milliarden Euro einen Börsenwert von 36 Milliarden Euro. Porsche könnte laut eigener Prognose 2022 ein Betriebsergebnis von rund 6,5 Milliarden Euro schaffen. Würde Porsche mit den gleichen Gewinnmultiplikatoren bewertet wie der italienische Wettbewerber, könnte der Wert des Konzerns bei weit über 100 Milliarden Euro, also weit über 100 Euro je Vorzugsaktie landen.
Eine interessante Alternative für An leger, die bei der Zeichnung (siehe unten) nicht zum Zuge kommen, bietet die Vorzugsaktie von VW (mehr dazu in der Titelgeschichte ab Seite 10). So könnte der Wert von Porsche den des ganzen VW-Konzerns übersteigen. Weil die Vorzugsaktien im Vergleich zu den Stämmen tiefer notieren, scheint hier noch einiges Aufholpotenzial verborgen zu sein.
Schon mit dem beim Börsengang anvisierten Börsenwert von 70 bis 78 Milliarden Euro liegt Porsche nicht weit entfernt von der Marktkapitalisierung des VW-Konzerns von derzeit 91 Milliarden Euro, aber schon über BMW (50 Milliarden) und Mercedes-Benz (61 Milliarden). Künftig könnte es im DAX damit drei börsennotierte Unternehmen aus dem VW-Imperium geben: neben VW selbst und der Holding Porsche SE eben auch den Sportwagenbauer Porsche.
Dieser Artikel erschien zuerst in BÖRSE ONLINE 38/2022. Werfen Sie hier einen Blick ins Heft.
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