Nachdem deutliche Verluste im Vorjahr den vorherigen Gipfelsturm des Goldpreises unterbrachen, rechnen Analysten im Schnitt in diesem Jahr eher mit seitwärts tendierenden Preisen. Aber der Goldpreis hat einen sehr soliden Start in das neue Jahr erwischt. Dabei geholfen haben die Schwäche an den Aktienmärkten, die Turbulenzen in den Schwellenländern, wieder gesunkene Staatsanleiherenditen, positive jahreszeitliche Faktoren, eine leicht verbesserte Stimmung unter den spekulativen Finanzanlegern sowie robuste chinesische Käufe im Vorfeld des chinesischen Neujahrsfestes.

Alles das hat dazu beigetragen, dass sich der Goldpreis momentan sogar an einem Bruch nach oben des intakten mittelfristigen Abwärtstrends versucht. Wir nehmen das zum Anlass, um anhand der Argumente von drei Banken das derzeit noch einem Patt-gleichenden Ringen der Bullen und Bären am Goldmarkt zu beleuchten.

Auf Seite 2: Commerzbank rechnet Goldpreis bis Ende 2014 auf 1.400 Dollar steigen

Commerzbank sieht Goldpreis bis Ende 2014 bei 1.400 Dollar

Zu den Goldpreis-Optimisten zählt die Commerzbank. Allerdings hält man auch dort kurzfristig noch einmal unter Druck geratende Notierungen nicht für ausgeschlossen. Denn der Leiter der Rohstoff-Research-Abteilung Eugen Weinberg kann sich nach dem chinesischen Neujahrsfest eine etwas nachlassende Nachfrage von dort vorstellen.

Skeptisch stimme außerdem, dass die Gold-ETFs trotz schwächerer Aktienmärkte und fallender Realzinsen bis zuletzt Abflüsse verzeichneten, auch wenn diese im Vergleich zum Vorjahr geringer ausfallen.

Wie lange die spekulativen Finanzanlegern mit Käufen in die Presche springen und das kompensieren können, bleibt laut Weinberg abzuwarten.

Hinzu komme die Annahme, dass die US-Anleiherenditen ihren jüngsten Rückgang wieder wettmachen dürften, weil dieser auf einen Anstieg der globalen Risikoaversion zurückzuführen gewesen sei und nicht auf eine Änderung der Ausrichtung der US-Geldpolitik.

Ab Mitte des Jahres kann sich der Commerzbank-Rohstoffspezialist dann aber eine nachhaltige Aufwärtsbewegung beim Goldpreis vorstellen. Auslöser hierfür könnte die Lockerung der Restriktionen auf Goldimporte in Indien sein. Die Importbeschränkungen sollen Ende März überprüft werden und bei einer bis dahin eine hinreichenden Verbesserung des Leistungsbilanzdefizits eventuell gelockert werden. Damit es wirklich zu einer nachhaltigen Preiserholung komme, sei aber auch ein Ende der ETF-Abflüsse unverzichtbar. Genau damit rechnet man bei der Commerzbank aber in der zweiten Jahreshälfte. Stimmen diese Annahme, soll der Goldpreis dann bis Jahresende auf 1.400 Dollar je Feinunze steigen. Und für das vierte Quartal 2015 sagen die Commerzbank-Prognosen dann sogar Notierungen von 1.500 Dollar voraus.

Auf Seite 3: DZ Bank sieht Goldpreis Ende 2014 bei 1.100 Dollar

DZ Bank sieht Goldpreis Ende 2014 bei 1.100 Dollar

Deutlicher zurückhaltender beurteilt die Ausgangslage Gabor Vogel. Der DZ Bank Senior-Rohstoffanalyst fühlt sich weiter sehr wohl mit der hauseigenen Goldpreisprognose von 1.100 Dollar für das vierte Quartal 2014. "Wir liegen damit zwar weit unter der Konsensschätzung. Doch die noch geführte "Tapering-Diskussion" wird im weiteren Jahresverlauf von einer US-Zinsanstiegsdebatte abgelöst, die sich mit Blick auf 2015 intensivieren wird. Daher wird sich das Goldpreisbild über unseren Prognosehorizont hinaus weiter eintrüben", so seine Vorhersage.

Diese Prognose eines nachgebenden Goldpreises basiert dabei auf der makroökonomische Sichtweise einer weiter fortschreitenden US-Konjunkturerholung. Zusammen mit den haussierenden Aktienmärkten und vor allem der geringen Inflationserwartung sei das eindeutig negativ für Gold. Auch das von der DZ Bank antizipierte Comeback des Dollar werde den Goldpreis mittelfristig belasten. Eine aufkommende Deflationsdebatte stelle im Moment das größte Risiko für die eigene Prognose dar. Sollte diese Debatte intensiv geführt werden, werde die Goldnotiz recht zügig auf die 1.000 Dollar-Marke zulaufen.

Unabhängig von der genannten Argumentationskette erinnert Vogel aber auch daran, dass insbesondere die ETF-Anleger und deren Verkäufe zu der starken Goldpreiskorrektur im Vorjahr beigetragen haben. Die Schmucknachfrage war dagegen gleichzeitig sehr stabil und wuchs in den Schwellenländern sogar. Positive Wirkungen könnten in dieser Hinsicht auch die Lockerung der indischen Importrestriktionen entfalten, die bereits intensiv diskutiert wird. Der Goldpreis habe dann eine nachhaltige Stabilisierungschance, wenn die ETF-Verkäufe nicht weiter die positiven physischen Nachfragedaten überlagern. ETF-Anleger werden nach Ansicht von Vogel ihre Positionen aber erst dann erhöhen, wenn entweder Inflationsrisiken oder eine heftige Aktienmarktkorrektur drohen. Weil man mit beidem nicht rechne, dürften die ETF-Investoren im Laufe des Jahres ihre Positionen weiter reduzieren. Die Großspekulanten hätten in den vergangenen Wochen ihre Kaufpositionen zwar signifikant erhöht. Allerdings sei diese Anlegergruppe sehr kurzfristig orientiert und zögere nicht, ihre spekulativen Gelder auch wieder abzuziehen.

Auf Seite 4: Zinspolitik der Fed weist voraussichtlich den Weg

Zinspolitik der Fed weist voraussichtlich den Weg

Hin- und hergerissen zu sein scheint auch UBS-Strategin Edel Tully. Im Gespräch mit Kunden zu den Auswirkungen der jüngsten Schwellenländer-Turbulenzen vertritt sie zwar die Hausmeinung, dass diese Ereignisse die Erholung der Weltwirtschaft nicht stoppen werden und auch die US-Notenbank ihre Tendenz hin zu einer restriktiveren Geldpolitik beibehalten wird. Stimmen diese Annahmen, dürfte dies das Aufwärtspotenzial beim Goldpreis begrenzen. Doch sie ist sich auch der Risiken dieser Sichtweise bewusst. Zumal sie auch ihr Kollege George Magnus daran erinnert, dass die aktuelle Krise der Emerging Markets auf Länder wie die Türkei reduziert wird. Aber das sei auch 1994 bei der Tequila-Krise so gesehen, als es zunächst nur um Mexiko ging, 1997 bei der Asien-Krise, als zunächst nur Thailand als gefährdet galt und 2007/08 bei der Finanzkrise, als am Anfang nur der US-Hypothekenmarkt Sorgen zu bereiten schien. Sollte sich die Krise auch dieses Mal wieder ausweiten, könnte Gold als sicherer Hafen schnell wieder gefragt sein, so Tully.

Zudem sei anders als zuvor die inzwischen deutlich negativere Erwartungshaltung der Anleger zu den weiteren Preisaussichten jetzt ein großer Pluspunkt für das Gold. Sollte es anders als erwartet doch nach oben gehen mit den Notierungen, könnte das schnell Kaufdruck und deutliche Preisbewegungen auslösen. Denkbar sei aber auch, dass Gold bei einer sich ausbreitenden Krisenstimmung in den Schwellenländern ebenfalls mit abverkauft werde. Zumindest sei das in der Vergangenheit ebenfalls schon passiert, wenn plötzlich Bargeld gefragt sei und es zu Nachschussaufforderungen für auf Kredit gekaufte Positionen komme. Vieles hänge aber letztlich davon ab, ob die Investoren bereits seien Gold eine zweite Chance zu geben. Dies wiederum dürfte sehr stark davon abhängen, in welche Richtung sich die Markterwartungen zur weiteren Zinspolitik der US-Notenbank entwickeln und eine Zinserhöhung als weniger wahrscheinlich erachtet wird. "Das könnte zum i-Tüpfelchen für Gold werden. In so einem Fall könnte das Aufwärtspotenzial für den Goldpreis signifikant sein", so Tully.

Insgesamt gibt es somit viele Gründe, die sowohl für steigende als auch für fallende Goldpreise sprechen. Wer sich als Anleger positionieren möchte, sollte diese Argumente zwar kennen. Bei der Anlageentscheidung sollte aber auch auf die Charttechnik mitgeachtet werden. Und emotionslos betrachtet ist da Gold dann ein Kauf, sobald der mittelfristige Abwärtstrend überwunden ist, oder ein Verkauf, falls der langfristige Aufwärtstrend unterschritten werden sollte (siehe Chart).