Turbulente Zeiten bei dem Fitnessgeräte-Spezialisten Peloton. Nach einer Übernahmespekulation am Montag kommt am Dienstag nun der nächste Hammer: Der bisherige Chef geht, rund ein Fünftel der Arbeitsplätze wird gestrichen, der Bau einer Fabrik in den USA wird gestoppt.

John Foley gibt den Chefposten ab. Den Spitzenjob übernimmt von Mittwoch an Barry McCarthy, der früher Finanzchef bei den Streaming-Spezialisten Netflix und Spotify war. Das dürfte einen stärkeren Fokus auf Abo-Einnahmen statt Hardware-Verkäufen bedeuten.

Mitgründer Foley stand bereits unter Druck: Der aktivistische Investor Blackwells Capital forderte seinen Rücktritt und warf der Führungsriege Missmanagement vor. Zugleich haben er und das frühe Team dank Aktien mit 20-mal mehr Stimmrechten als gewöhnliche Anleger nach wie vor die Kontrolle. Einem Medienbericht von Januar zufolge betrieb Blackwells die Ablösung des Chefs und brachte einen Verkauf von Peloton an einen größeren Technologie- oder Fitnesskonzern ins Spiel.

"Als wäre Covid der neue Normalzustand"


Der Hersteller von vernetzten Fitnessgeräten hatte in der Pandemie von den Lockdowns profitiert. Viele Kunden geschlossener Fitness-Studios holten sich die vergleichsweise teuren Trainingsräder und Laufbänder der Firma nach Hause.

So konnte das Unternehmen zu Beginn der Pandemie seine Geräte nicht schnell genug liefern und beschloss für 400 Millionen US-Dollar eine Fabrik in Ohio zu bauen. Jetzt soll der Bau gestoppt werden. Das zieht nun Umstrukturierungskosten von 60 Millionen Dollar nach sich. Um sich schlanker aufzustellen, will Peloton auch größere Teile der Logistik nicht mehr selbst betreiben.

Peloton überschätzte offensichtlich die Nachfrage, denn mit Lockerung der Corona-Beschränkungen flaute der Boom ab. Im November musste die New Yorker Firma ihre Umsatzprognose für das bis Mitte 2022 laufende Geschäftsjahr zusammenstreichen - um bis zu eine Milliarde Dollar. Die Firma verlor an der Börse rund 80 Prozent an Wert. Da der Börsenwert von Peloton angesichts der Probleme von einst rund 50 Milliarden auf acht Milliarden Dollar einbrach, haben laut Medienberichten unter anderem Amazon und Nike Übernahmeangebote erwogen. Der Chefwechsel und der Sparkurs dürften darauf hinweisen, dass Peloton seine Zukunft als eigenständiges Unternehmen absichern will.

Der Sparkurs und Maßnahmen für mehr Effizienz sollen die Kosten um 800 Millionen Dollar jährlich senken. Zudem kappt Peloton die Kapitalausgaben in diesem Jahr um 150 Millionen Dollar. Der künftige Chef McCarthy kritisierte im "Wall Street Journal", Peloton habe seine Kosten zum Teil ausufern lassen "als wäre Covid der neue Normalzustand". In einem ungewöhnlichen Schritt gab Peloton die Maßnahmen zunächst in Interviews von Foley und McCarthy mit dem "Wall Street Journal" bekannt, Stunden vor der offiziellen Mitteilung.

Peloton schnitt sich im vergangenen Jahr auch mit einer Preissenkung ins eigene Fleisch. Im August wurde der Preis des ursprünglichen Trainings-Bikes um ein Fünftel gekappt. Die Kunden zogen es danach verstärkt der teureren und für Peloton lukrativeren neuen Version vor. Vor der Preissenkung hatten sich die beiden Modelle etwa gleich gut verkauft. Danach dominierte das ältere Gerät mit rund 75 Prozent. Das drückte den Umsatz. Zugleich steht Peloton unter Preisdruck, weil andere Hersteller mit zum Teil günstigeren Geräten um den Markt kämpfen.

Einschätzung zur Peloton-Aktie


Die Peloton-Aktie, die zuletzt angesichts der Übernahmespekulationen um rund ein Fünftel hochsprang, gab nach Bekanntwerden der Unternehmenspläne im vorbörslichen US-Handel zunächst zeitweise um gut zwei Prozent nach. Zur US-Markteröffnung stieg die Aktie um zwanzig Prozent auf 31 Euro. Von den alten Höchstkursen bei 130 Euro ist sie allerdings noch weit entfernt. Wir belassen die Aktie trotz des Chefwechsels bei "beobachten".

fh/rtr/dpa-AFX