Warren Buffett investiert in Japan-Aktien. Sollten Sie das auch tun? Denn schon seit einiger Zeit ist Japan zurück im Anlegerfokus. Die Unternehmen sind gesund und die wirtschaftlichen Rahmenbedingen günstig wie lange nicht. Über Chancen und Risiken
Die Welt tut gerade alles, um die Inflation einzudämmen. Überall. Nur in Japan nicht. Da ist das Gegenteil der Fall. Man will mehr davon! Mittel zum Zweck: eine weiterhin extrem lockere Geldpolitik, gepaart mit hohen Staatsausgaben. Premierminister Fumio Kishida hat etwa ein neues Konjunkturprogramm im Gegenwert von über 100 Milliarden Euro in die Wege geleitet. Und die Notenbank unter Kazuo Ueda hat auf der jüngsten Sitzung Ende Oktober beschlossen, die Leitzinsen mit minus 0,1 Prozent im negativen Bereich zu belassen. Die Obergrenze für zehnjährige Zinsen - so etwas macht sonst keine Notenbank der Welt -bei 1,0 Prozent wurde derweil etwas gelockert.
So unkonventionell das auf den ersten Blick scheint, so sehr relativiert sich das Ganze auf den zweiten. Der Grund für Japans Vorgehen ist recht simpel. Denn neben dem rückläufigen Bevölkerungswachstum und der Überalterung hat man im Inselstaat jahrzehntelang vor allem unter einem gelitten: der lähmenden Deflation, die das Wachstum ausgebremst hat. Nun aber ist man anscheinend auf gutem Weg, das Deflationsphänomen nachhaltig zu überwinden: Für das laufende Jahr erwartet Japan eine durchschnittliche Inflationsrate von 3,2 Prozent. Ohne die beiden schwankungsanfälligen Komponenten Energie und frische Lebensmittel pendelt sich die Rate gar bei etwa vier Prozent ein. Das gab es zuletzt 1981.
Nikkei nimmt Kurs auf das Allzeithoch
An der Börse spiegelt sich diese Entwicklung wider -auch wenn sich das Plus beim Leitindex Nikkei 225 und beim Topix natürlich nicht allein mit der steigenden Inflation erklären lässt. Jedenfalls notiert der Nikkei nun schon seit einiger Zeit auf einem Niveau, das an die goldenen Zeiten der 80er-Jahre erinnert. Und das alte Rekordhoch von 38 957,44 Punkten, erreicht am 29. Dezember 1989, ist längst in Reichweite. Mit dem Unterschied, dass japanische Aktien damals hoffnungslos überteuert waren: Sie machten zu der Zeit fast die Hälfte des Weltaktienmarktes aus, und das KGV betrug das Vierfache des Weltdurchschnitts. Heute ist das anders: Der Nikkei ist mit einem 2024er-KGV von etwa 17 vergleichsweise günstig.
Doch damit das mit der Inflation so bleibt und das Ganze sich nicht doch nur als Strohfeuer entpuppt, tut man alles, um sie weiter anzufachen. Darüber herrscht Konsens in der Gesellschaft. Die Einigkeit zwischen Zentralbank, Regierung und Gewerkschaften ist beeindruckend.
Natürlich läuft dies nicht ohne Reibungsverluste ab. Das sture Festhalten am Nullzins sorgt dafür, dass die Landeswährung Yen nun schon seit Jahren an Wert verliert -mehr als 30 Prozent etwa gegenüber dem Euro in den zurückliegenden drei Jahren. Damit ist der Wert des Yen so gering wie zuletzt in den 90er-Jahren. Was für das Importland Japan nicht unerheblich ist, verteuern sich dadurch doch die Einfuhren: Man denke nur an Rohstoffe wie Öl oder auch an Lebensmittel.
Knifflig ist auch, dass der Konsum durch die angefachte Inflation nicht leiden soll. Man will ja das Gegenteil bewirken. Die gewollte Inflationierung soll die jahrzehntelang träge Konsumlust der Japaner beleben. Genau darum geht es letztlich. Dies erfordert aber dann höhere Löhne, was wiederum der Unternehmenswelt nicht schmecken dürfte. Japans größter Wirtschaftsverband Keidanren fordert jedenfalls seine Mitgliedsunternehmen auf, die Löhne um mehr als vier Prozent zu erhöhen. Es ist ein Balanceakt.
Immer noch Schuldenweltmeister
Und schließlich ist da die Sache mit der Verschuldung. Auch wegen des ständigen Ankurbelns der Wirtschaft liegen Japans Verbindlichkeiten in Relation zum Bruttoinlandsprodukt bei 255 Prozent. Weltweit ist das nicht zu toppen, sieht man von einigen Staaten der sogenannten Dritten Welt ab. Allerdings -und das macht das enorme Defizit Japans schon wieder erträglicher -werden die Schulden im Land selbst gehalten, es bestehen keine nennenswerten Verbindlichkeiten bei ausländischen Gläubigern.
Der große gesellschaftliche Konsens und die immensen Maßnahmen zur Wiederbelebung der Wirtschaft scheinen also gerechtfertigt. Und die jüngsten Daten zur Lage der Wirtschaft bestätigen das Tun. Das Bruttoinlandsprodukt stieg im zweiten Quartal, also zwischen April und Juni, auf das Jahr hochgerechnet um 4,8 Prozent. Gleichzeitig ist die Arbeitslosigkeit mit zuletzt 2,6 Prozent gering.
Chance und Risiko mit dem Yen
Japan-Investments ergeben also durchaus Sinn. Wenn da nicht die Sache mit dem schwachen Yen wäre. Denn der drückt auf die Gewinne, die mit Japan-Aktien zuletzt drin waren. Einfache Rechnung: Macht der Nikkei einen Gewinn von zwölf Prozent und gleichzeitig fällt der Yen um fünf Prozent, bleiben einem deutschen Anleger netto nur sieben Prozent. Das ist das Risiko, das mit Japan-Investments einhergeht. Wer das vermeiden will, dem ist mit einem Fonds geholfen, der das Yen- Risiko absichert. So ein Fonds mit "Hedge" ist etwa der Fidelity Japan Value, den wir bereits in Heft 13/2023 vorgestellt haben.
Doch was, wenn der Yen die Schwäche überwinden sollte? Als potenzieller Auslöser gilt hier in erster Linie eine Straffung der japanischen Geldpolitik. Dann würde die Renditespanne zu den USA und zum Euroraum sinken, und der Yen hätte plötzlich Aufwertungspotenzial. Und das ist gar nicht so abwegig. Auch wenn Premier Kishida und die Währungshüter der Bank of Japan die inflationstreibende Abwertung derzeit gutheißen, so dürften sie dem irgendwann einen Riegel vorschieben, sollten die Importpreise aus dem Ruder laufen. Es ist ein Balanceakt. Für diesen Fall sind dann Fonds ohne Hedge die bessere Wahl: etwa der sehr gute Bluechip-Fonds DWS Nomura Japan oder der Nebenwerte-Fonds M &G Japan Smaller.
Buffetts Lieblinge und andere
Dass in Japan nicht nur das Umfeld günstig ist wie lange nicht, sondern auch einzelne Aktien günstig bewertet sind, ist ein weiterer Pluspunkt für den Kabutocho, wie die Börse Tokio auch genant wird. Das hat auch Warren Buffett seit einiger Zeit erkannt und investiert verstärkt in japanische Handelshäuser wie Itochu und Marubeni. Letztere Aktie hinkt in der jüngeren Vergangenheit etwas hinterher, verbleibt aber dank der weiter niedrigen Bewertung auf der Empfehlungsliste. Dort findet sich auch Dauerbrenner Sony, der dank guter Geschäfte in der Mediensparte die Prognosen für Umsatz und Überschuss des laufenden Geschäftsjahres erhöht hat. Und schließlich Hitachi, ein Mischkonzern wie ihn auch Warren Buffett lieben würde. Das Unternehmen fertigt vor allem elektronische Geräte, ist aber auch im Bereich Schwermaschinen, Metalle und Draht sowie Chemie tätig.
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