Korrekturen und Katastrophen
Auch die Börse in Taipeh ist zu einem wichtigen Handelsplatz geworden. Nach Marktkapitalisierung gerechnet ist sie sogar größer als beispielsweise die traditionsreiche Börse in Singapur.
Die Kursentwicklung hat jedoch in den zurückliegenden Monaten nachgelassen. Der Leitindex Taiex verlor zwar weniger als die Kursbarometer der anderen Tigerstaaten, gab vom Hoch im Januar 2018 aber trotzdem 13 Prozent ab. Der MSCI Taiwan, der mit einem Anteil von 33 Prozent (!) von TSMC dominiert wird und auf den sich alle handelbaren ETFs beziehen (wie etwa der Lyxor MSCI Taiwan), verlor 15 Prozent.
Zu den großen Verlierern unter den Einzelwerten gehörte dabei vor allem Hon Hai Precision. Parallel zu den Problemen des Lifestyle-Konzerns Apple und den Sorgen um eine eventuell nachlassende Nachfrage nach den neuen iPhone-Modellen rutschte der Aktienkurs von Hon Hai in den Keller. Ein Fall von Sippenhaft, wenn man so will. Gut 40 Prozent Minus im Börsenjahr 2018 bedeuten für Hon Hai jedenfalls das katastrophalste Börsenjahresergebnis aller Zeiten.
TSMC, das mit 161 Milliarden Euro Marktkapitalisierung mit Abstand gewichtigste Börsenmitglied, hielt sich besser. Zum bisherigen Höchstkurs fehlen nur 17 Prozent. Und auch die jüngsten, starken Quartalszahlen machen Hoffnung, dass das Unternehmen weiter auf Kurs ist. Außerdem ist TSMC neben Samsung und Intel das einzige Unternehmen, das in der Lage ist, noch kleinere Halbleiter in der Größenordnung von sieben Nanometern zu entwickeln. Wer bereits TSMC-Aktien (WKN: 909 800) hält und langfristig orientiert ist, sollte diese also besser behalten.
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Gereizter Nachbar
Am guten Ausblick sollte auch die politische Großwetterlage nichts ändern. Taiwans Verhältnis zum großen Nachbarn, der Volksrepublik China, ist bekanntlich traditionell gespannt. Xi Jinping hat das gerade wieder deutlich gemacht. Vermutlich gereizt wegen des Handelskriegs mit den USA, droht der Präsident der Volksrepublik dem Nachbarn Taiwan damit, dessen Unabhängigkeitsbestrebungen zu stoppen - notfalls mit Gewalt.
In der Hauptstadt Taipeh ist man seither aufgeschreckt. Xi hat anscheinend nicht vergessen, dass der amerikanische Präsident Donald Trump im Dezember 2016 - noch vor seinem Amtseid - als Erstes mit Taiwans Präsidentin Tsai Ingwen telefonierte und Andeutungen über das mögliche Ende der amerikanischen Haltung machte, die Insel als Teil Chinas zu betrachten. Ein böser Affront damals. Taiwan, 160 Kilometer vor Chinas Küste gelegen, gehört nach Pekings Verständnis zum Mutterland.
Verflechtungen und Verwerfungen
Wirtschaftlich ist die Region ohnehin eng verflochten. Ist die chinesische Konjunktur intakt, stützt dies auch alle anderen asiatischen Schwellenländer, Taiwan inklusive. Ein Handelskrieg würde nicht nur der Weltwirtschaft schaden, sondern auch die dortigen Kapitalmärkte ins Straucheln bringen. Die aktuellen Geschehnisse setzen also konsequenterweise nicht nur die Börsen in den USA unter Druck. Auch die Kapitalmärkte in Drittstaaten wie Taiwan oder Korea, die stark in die Vorleistungskette vieler Produkte eingebunden sind, werden in Mitleidenschaft gezogen.
Gut also, dass das Reich der Mitte gerade fiskalpolitische Maßnahmen und eine Lockerung der Geldpolitik veranlasst hat. Das hilft allen Ländern, die zu den Tigerstaaten oder zu Greater China (China, Hongkong, Taiwan) zählen. Ein entsprechender Fonds wie der First State Greater China Growth ist daher eine gute Wahl.
Taiwans Daten können sich ohnehin sehen lassen: Das Wachstum ist robust, die externe Verschuldung gering, ebenso die Inflation. Dass die Börse in Taipeh an Boden verloren hat, lag eben auch daran, dass durch die US-Leitzinserhöhungen Geld aus Taiwan zurück in die USA floss, schlicht weil Kapitalanlagen dort dadurch attraktiver waren.