Nehmen die Wähler die Initiative "Rettet unser Schweizer Gold" an, wird es für die Notenbank schwieriger, die sei mehr als drei Jahren geltende Euro-Kursuntergrenze von 1,20 Franken zu verteidigen. "Die Initiative würde es uns erheblich erschweren, in einer Krisenlage resolut einzugreifen und unseren Stabilitätsauftrag zu erfüllen", warnte SNB-Präsident Thomas Jordan.

Setzen sich die Befürworter durch, müssten die Währungshüter künftig von jedem Euro, den sie am Devisenmarkt kaufen um den Franken zu schwächen, ein Fünftel in dem Edelmetall anlegen. Da zudem verboten werden soll, Gold zu verkaufen, hätte die SNB Schwierigkeiten, in wirtschaftlich ruhigeren Zeiten ihre Bilanz wieder zu verkürzen, um Inflation zu bekämpfen.

Am Devisenmarkt laufen bereits Wetten gegen den Mindestkurs . Händler berichten von Optionsgeschäften, die auf einen Euro unter 1,20 Franken setzen. Die Gemeinschaftswährung rückte seit Anfang des Monats immer näher an die Interventionsmarke heran und wurde zuletzt zu Kursen um 1,2020 Franken gehandelt. "Die Initiative spielt jenen in die Hände, die mit Devisen oder Gold spekulieren", sagte Jordan jüngst. "Die SNB würde geschwächt, Spekulanten hätten ein leichtes Spiel."

Die Währungshüter hatten den Mindestkurs im Zuge der Euro-Schuldenkrise eingeführt: Weil immer mehr Anleger den Franken als "sicheren Hafen" ansteuerten, erstarkte die Schweizer Währung, die Ausfuhren verteuerten sich. Um die heimische Exportwirtschaft zu entlasten, sah sich die SNB zum Eingreifen gezwungen.

In einem Interview-Marathon versuchen der SNB-Präsident und seine beiden Direktoriumskollegen, die sich normalerweise aus der Politik und Abstimmungskämpfen heraushalten, den Schweizern ein "Ja" auszureden. Ökonomen warnen davor, der Notenbank Fesseln anzulegen. Für die Stabilität des Frankens sei die Glaubwürdigkeit der SNB entscheidend und nicht, wie sie ihr Vermögen anlege, erklärten Experten der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF). "Glaubwürdig ist die SNB, wenn sie mit einem klaren und langfristig ausgelegten Mandat flexibel und ohne politische Interventionen selbstständig agieren kann."

Derzeit hat die SNB 1040 Tonnen Gold im Wert von mehr als 35 Milliarden Franken im Keller, was gut sieben Prozent der Bilanzsumme entspricht. Der größte Teil der mehr als 500 Milliarden Franken schweren Bilanz besteht aus Devisenreserven, die überwiegend in Euro- und Dollar-Anleihen angelegt sind. Sollte die Gold-Initiative angenommen werden, müsste die SNB Jordan zufolge für rund 70 Milliarden Franken Edelmetall kaufen. Rund 1800 Tonnen wären das nach Schätzung der KOF. Goldhändler reiben sich bereits die Hände.

Umfragen zufolge lehnt eine Mehrheit der Schweizer die Gold-Initiative ab. Einer Erhebung des Meinungsforschungsinstituts GfS Bern zufolge sprachen sich 47 Prozent gegen die Vorlage aus, 38 Prozent waren dafür und 15 Prozent ließen offen, wie sie am 30. November abstimmen wollen .

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MEHR GOLD HAT KEINER

Pro Kopf der Bevölkerung besitzt schon jetzt kein Land mehr Gold als die Eidgenossen: Die SNB bunkert pro Einwohner rund 127 Gramm des Edelmetalls. Absolut verfügen nur sechs Staaten über mehr Gold als die Schweiz, angeführt von den USA mit gut 8100 Tonnen.

Obwohl Gold mit Stabilität und Sicherheit assoziiert wird, gilt es als eine der volatilsten Anlagen. In diesem Jahr schwankte der Preis für eine Feinunze in einer Bandbreite von rund 15 Prozent. Aktuell liegt er mit knapp unter 1200 Dollar leicht über dem Anfang November erreichten Jahrestief. Der Höchstwert wurde vor gut drei Jahren mit über 1900 Dollar erreicht.

Reuters