Nach Bekanntwerden der Manipulationen im September hatte die VW-Aktie ein Drittel ihres Werts eingebüßt. Nach Angaben der US-Umweltbehörde EPA von Montag soll Volkswagen auch bei 3-Liter-Motoren getrickst haben. Betroffen ist nun auch die Sportwagentochter Porsche. Sie ist zusammen mit der Oberklassetochter Audi die Ertragsstütze des Wolfsburger Mehrmarken-Konzerns. Im Visier der Umweltbehörde sind unter anderem der VW Touareg, der Porsche Cayenne sowie mehrere Luxusmodelle von Audi wie der A8 der aktuellen Modelljahre 2014 bis 2016.

"Sollte sich der Vorwurf bewahrheiten, würde dies die Kosten für 'Dieselgate' deutlich in die Höhe treiben", sagte ein Händler. Zudem dürfte sich der Druck auf den neuen Volkswagen-Chef Matthias Müller erhöhen. Er war vor seinem Wechsel an die Konzernspitze Vorstandsvorsitzender von Porsche. VW erklärte zu den neuen Vorwürfen, bei den Sechszylinder Diesel-Motoren mit drei Litern Hubraum sei keine Software installiert worden, um die Abgaswerte in unzulässiger Weise zu verändern. Damit steht Aussage gegen Aussage. "Wir wollen den Sachverhalt gemeinsam mit der EPA klären", sagte ein VW-Sprecher. Offen blieb zunächst, ob Konzernchef Müller zu Gesprächen mit der Umweltbehörde in die USA reisen wird.

Frank Schwope von der NordLB hält es für möglich, dass sich der Skandal ausweitet. Auch wenn zunächst in den USA nur 10.000 Fahrzeuge betroffen seien, so sei doch bedenklich, dass es sich bei den Modelljahren 2014 bis 2016 um aktuelle Fahrzeuge handele. "In der Konsequenz könnte das darauf hinauslaufen, dass bestimmte Länder den Verkauf dieser Autos verbieten", sagte der Autoanalyst.

Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler hält auch weitere Konsequenzen in der VW-Führung für denkbar. "Es ist möglich, dass weitere Personen aus dem Management bei VW davon stärker tangiert sind." Auch Matthias Müller als ehemaliger Porsche- Chef müsse sich die Frage stellen, ob er ebenfalls Verantwortung trage. Insidern zufolge kommt der VW-Aufsichtsrat am Montag zu einer Sondersitzung zusammen, um über die finanziellen Auswirkungen des Abgasskandals zu beraten.

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"VW HAT INDUSTRIE BÄRENDIENST ERWIESEN"



Die Industrie ist wegen des Abgasskandals um ihren Ruf in der Welt besorgt. "Volkswagen hat ... damit der deutschen Industrie einen Bärendienst erwiesen", sagte BDI-Chef Ulrich Grillo in Berlin. Mit einer schnellen Aufarbeitung des Skandals stehe das Unternehmen auch in der Verantwortung für die ganze Industrie. Nach Ansicht von Bundeskanzlerin Angela Merkel stellt der Abgasskandal bei Volkswagen das gute Image der deutschen Industrie in der Welt dagegen nicht infrage. Allerdings dringt auch sie auf eine transparente und schnelle Aufklärung.

Die US-Umweltbehörde hat den Angaben zufolge nach dem Bekanntwerden des Skandals im September weitere Tests veranlasst und so die Manipulationen beim 3-Liter-Motor aufgedeckt. Eine Software stelle fest, ob ein Fahrzeug auf einem Prüfstand einer Abgasmessung unterzogen werde und halte dann die geforderten Stickoxid-Grenzwerte ein. Im "Normalmodus" auf der Straße schalte die Software um, wobei der Stickoxid-Ausstoß bei bis zu dem Neunfachen des Grenzwerts liege.

Volkswagen hatte im September zugegeben, weltweit bis zu elf Millionen Diesel-Fahrzeuge mit einem Computerprogramm ausgestattet zu haben, mit dem Abgaswerte bei Tests manipuliert werden können. In den USA drohen dem Konzern deshalb Strafen von umgerechnet bis zu 16 Milliarden Euro. Betroffen von den ersten Ermittlungen sind 1,2-, 1,6- und 2-Liter-Motoren der Jahre 2009 bis 2015. Europaweit ruft Volkswagen deshalb 8,5 Millionen Fahrzeuge in die Werkstätten, allein in Deutschland sind es auf Anordnung des Kraftfahrt-Bundesamtes 2,4 Millionen.

Porsche zeigte sich überrascht, dass sie von den Ermittlungen betroffen ist. Die VW-Tochter hatte erklärt, sie verbaue die betroffenen Motoren nicht und sei in den Diesel-Skandal nicht verwickelt.

Reuters