Denn die Euro-Wächter hatten erst im Dezember ihr in Deutschland umstrittenes Anleihen-Kaufprogramm für mehr Wachstum und Inflation um sechs Monate verlängert und den Strafzins für Banken verschärft. Die Leitzinsen, die schon länger auf dem Rekordtief von 0,05 Prozent liegen, wird der EZB-Rat in Frankfurt voraussichtlich ebenso nicht antasten.

"Auf der Pressekonferenz dürfte EZB-Präsident Draghi alle Optionen offenhalten, eindeutige Signale aber vermeiden", schätzt etwa Commerzbank-Volkswirt Michael Schubert. Er geht davon aus, dass sich Draghi wegen der Kritik nach der jüngsten Zinssitzung vorsichtiger äußern wird. Die Finanzmärkte hatten nach den Dezember-Beschlüssen der EZB enttäuscht reagiert. Viele Akteure hatten erwartet, dass die Zentralbank ihre monatlichen Bondkäufe im Rahmen des - inzwischen auf 1,5 Billion Euro angelegten - Programms aufstockt. Dies blieb aber aus.

Mehrere Notenbank-Gouverneure äußerten sich zuletzt skeptisch, ob rasche zusätzliche Schritte der EZB überhaupt erforderlich sind. Nach Ansicht von Edgar Walk, Chefvolkswirt von Metzler Asset Management, dürfte das Konjunkturumfeld in der Euro-Zone unverändert positiv bleiben. "Dementsprechend wird die EZB auf ihrer Sitzung keinen akuten Handlungsbedarf sehen", sagt Walk. Volkswirt Ulf Krauss von der Helaba ergänzt: "Draghi wird möglicherweise aber mit seiner Wortwahl auf die nächste Sitzung im März vorbereiten, zu der dann auch die neuen EZB-eigenen Inflationsprognosen auf den Tisch kommen werden." Befürworter und Gegner weiterer Schritte dürften sich einig sein, diese Prognosen zunächst abzuwarten, wie Commerzbank-Experte Schubert vermutet.

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Zuletzt waren die Preise im Euro-Raum wegen des Ölpreisrutsches nur um 0,2 Prozent gestiegen. Sie liegen damit weit unter dem Niveau, das die EZB als optimalen Wert für die Wirtschaftsentwicklung betrachtet, nämlich knapp zwei Prozent. Dieses Ziel droht seit dem Jahresstart noch weiter in die Ferne zu rücken. Denn der Preis für das Barrel Rohöl ist seitdem um zusätzlich rund 20 Prozent gefallen, was die Teuerung in der Euro-Zone stark bremst. Die EZB will aber verhindern, dass es zu einer gefährlichen Abwärtsspirale aus fallen Preisen, sinkenden Löhnen und rückläufigen Investitionen kommt. Eine solche Deflation könnte die Wirtschaft in der Euro-Zone lange lähmen.

Metzler-Experte Walk taxiert die Wahrscheinlichkeit, dass es im zweiten Quartal zu einer weiteren geldpolitischen Lockerung kommt, auf 40 bis 50 Prozent. Helaba-Kollege Krauss gibt jedoch zu bedenken: "Die Inflationsrate hängt mehr an den Öl- und Energiepreisen als am EZB-Ankaufprogramm. Letztlich hat die EZB nur begrenzte Mittel." Auch für EZB-Chefvolkswirt Peter Praet ist das Inflationsziel der Währungshüter inzwischen schwieriger zu erreichen. Doch die Zentralbank ist Praet zufolge keinesfalls machtlos, wie er unlängst betonte: "Wenn man genügend Geld druckt, bekommt man immer Inflation. Immer."

Reuters