Doch Ende September hatte VW mitgeteilt, zusätzliche "Dieselgate"-Kosten von 2,5 Milliarden Euro zur Aufstockung der Vorsorge speziell wegen der Lage in den USA schultern zu müssen. Das bedeute das "Wiederaufflammen des Dieselskandals", warnte Schwope. Am Freitag legt Volkswagen die Zahlen zum dritten Quartal vor. Mit den neuen Rückstellungen stieg die gesamte Abgas-Rechnung des Konzerns auf mehr als 25 Milliarden Euro. "Ich glaube nicht, dass das die letzte Rückstellung war", so Schwope. Er gehe davon aus, dass die Marke von 30 Milliarden Euro in den nächsten Quartalen und Jahren übertroffen werde. Dennoch rechnet er im Gesamtjahr mit Rekordergebnissen vor Sondereinflüssen - operativ könnten es um 16 Milliarden Euro sein.
Doch wie der Konzern trotz der neuerlichen Milliardenbelastung aus den USA mit der Prognose umgeht - das ist fraglich. Vor einem Jahr behalf sich der Konzern damit, die geltende Prognose unter den Vorbehalt "vor Sondereinflüssen" zu stellen. Macht Finanzchef Frank Witter es diesmal genauso, dann ist der Weg für einen erhöhten Ausblick offen. Am Kapitalmarkt rechnen die Investoren ohnehin meist in bereinigten Werten.
Fakt ist: Bisher hatte Volkswagen prognostiziert, dass die Gesamterlöse 2017 um mehr als 4 Prozent steigen werden, vom Umsatz sollten vor Zinsen und Steuern 6 bis 7 Prozent als operativer Gewinn hängen bleiben. Nach dem ersten Halbjahr stand die Marge allerdings bereits bei 7,7 Prozent.
Experten jedenfalls sehen im Schwung beim Absatz, den Volkswagen und viele seiner Töchter von Audi über Skoda bis hin zu den großen und kleinen Nutzfahrzeugen derzeit haben, einen guten Grund für höhere Ziele im Tagesgeschäft. Goldman-Sachs-Analyst Stefan Burgstaller rechnet im Gesamtjahr mit einer Umsatzrendite von 7,6 Prozent im Konzern.
Auch der "Zukunftspakt" für die lange Zeit renditeschwache Kernmarke VW Pkw dürfte für Aufwind sorgen, allerdings dürfte die Marke rund um Golf und Passat eine nicht mehr ganz so hohe Umsatzrendite abliefern wie in den ersten sechs Monaten. Markenchef Herbert Diess hatte zuvor gesagt, dass im zweiten Halbjahr höhere Kosten für Elektromobilität und neue Modelle fällig würden. Nach 6 Monaten stand die Umsatzrendite der Marke VW bei 4,5 Prozent. Das meiste Geld verdient der Konzern aber ohnehin mit Audi, Porsche und den chinesischen Gemeinschaftsunternehmen.
Analysten schätzen das konzernweite Ergebnis vor Zinsen und Steuern von Juli bis Ende September im Schnitt auf 3,97 Milliarden Euro, 6 Prozent mehr als vor einem Jahr. Darin sind die zusätzlichen 2,5 Milliarden Euro für den Rückruf und die Nachrüstung von 2-Liter-Dieselmotoren in den USA noch nicht enthalten. Bezogen auf den Umsatz von geschätzt 55,3 Milliarden Euro würde das eine um Sondereffekte bereinigte Rendite von 7,2 Prozent bedeuten. Unter dem Strich aber dürfte der Gewinn wegen der neuen Rückstellungen geringer ausfallen als vor einem Jahr - damals waren es 2,3 Milliarden Euro.
Ohnehin kämpft Volkswagen noch immer mit den Folgen des Diesel-Skandals, weiterhin drohen in einigen Städten Fahrverbote wegen zu hoher Stickoxidemissionen. Und dann gibt es auch noch den Autokartell-Verdachtsfall, in dem die Branche sich lange zurückhielt. Die EU-Behörden haben Voruntersuchungen eingeleitet, noch kein offizielles Verfahren. "Von Preisabsprachen beispielsweise, die ein Kartellvergehen darstellen würden, ist mir nichts bekannt", sagte VW-Konzernchef Matthias Müller kürzlich./tst/men/DP/zb