Der Dieselskandal ist um ein Kapitel reicher: Am vergangenen Wochenende hat Volkswagen die Vergleichsverhandlungen mit dem Verbraucherzentrale Bundesverband (Vzbv) platzen lassen. Der Verband vertritt in einer Musterklage gegen VW rund 430 000 Kunden. Für das Scheitern weisen sich beide Seiten gegenseitig die Schuld zu.
Trotzdem bietet VW seinen betrogenen Kunden eine Entschädigungszahlung an. Dieselkäufer, die in der Musterfeststellungsklage registriert sind, können demnächst das geplante Angebot des Konzerns annehmen. Sie sollen - je nach Einzelfall - zwischen 1350 und 6257 Euro erhalten. Im Schnitt entfielen auf jeden Musterkläger bei einer Gesamtentschädigungssumme von bis zu 830 Millionen Euro etwa 2000 Euro. VW geht davon aus, dass die Kunden dadurch innerhalb weniger Monate ihre Entschädigung erhalten würden.
Verbraucherschützer warnen aber vor einer voreiligen Annahme des Angebots. Zum einen würden die Kunden damit auf alle weiteren Ansprüche gegen VW verzichten. Zum anderen gäbe es kein sicheres und transparentes System für die Abwicklung der Entschädigungszahlungen.
Da VW die Zusammenarbeit mit dem Vzbv und dessen Anwälten ablehne, könne niemand überprüfen, ob der Konzern auch tatsächlich die versprochene Summe an seine Kunden auszahle. Im schlimmsten Fall müssten die dann erneut vor Gericht ziehen.
Was Kunden tun können
Die Musterfeststellungsklage des Vzbv gegen Volkswagen vor dem Oberlandesgericht Braunschweig geht automatisch weiter. Mit einer schnellen Entscheidung ist in den nächsten Monaten aber nicht zu rechnen. Viel wichtiger könnte ein erstes Urteil des Bundesgerichtshofs Anfang Mai sein: Dort hat sich ein Einzelkläger durch alle In-stanzen geklagt, um einen höchstrichterlichen Beschluss gegen Volkswagen zu erzwingen: Erwartet wird eine Grundsatz-entschei-dung, die die Rechtsprechung zahlreicher Land- und Oberlandesgerichte bei ähnlichen Klagen im ganzen Land beeinflussen könnte. Auch den Ausgang in der Musterfeststellungsklage.
Viele Beobachter sehen das Angebot von VW daher als Versuch, mit möglichst vielen Geschädigten noch vor Mai zu einer vergleichsweise billigen Einigung zu kommen. In jedem Fall ist es eine Solonummer: Jeder betroffene Autofahrer muss selbst entscheiden, ob er dem Konzern vertraut.
Und vor allem nichts überstürzen: Wie am Donnerstag überraschend bekannt wurde, gibt es neue Bewegung in der Musterklage vor dem Oberlandesgericht Braunschweig. VW und Verbraucherschützer haben sich auf Anraten des Richters zu erneuten Gesprächen bereit erklärt. Diese sollen bereits "in Kürze" beginnen.