DIE WIRTSCHAFT IST NOCH ZU ANFÄLLIG

Ende 2014 halbierte sich das Wachstum der weltgrößten Volkswirtschaft nahezu: Sie legte nur noch mit einer Jahresrate von 2,6 Prozent zu, nach zuvor 5,0 Prozent. Die schwächeren Konjunkturdaten dürften nach Ansicht der BayernLB-Ökonomin Christiane von Berg dazu beigetragen habe, dass einige Notenbanker mit Blick auf eine baldige Zinsanhebung "kalte Füße" bekommen haben. Die Exporte wuchsen nur noch um 2,8 Prozent - die Importe dagegen drei Mal so schnell.



ZU STARKER DOLLAR WÄRE GIFT

Der Dollar hat in Erwartung steigender Zinsen kräftig aufgewertet - allein zum Euro um 17 Prozent binnen eines Jahres. Das setzt vielen US-Unternehmen zu, werden doch ihre Produkte und Dienstleistungen im Ausland dadurch teurer. In den Bilanzen und Prognosen vieler Konzerne hinterlässt das bereits Spuren. Der Internet-Riese Google spricht von einem "starken Gegenwind" durch diesen Währungseffekt und enttäuschte die Investoren zuletzt mit einem überraschend kleinen Gewinn- und Umsatzplus. Der US-Konsumgüterkonzern Procter & Gamble - der zwei Drittel im Ausland umsetzt - bekommt die Dollar-Stärke ebenfalls zu spüren: Diese dürfte den Umsatz im Gesamtjahr um fünf Prozent und den Überschuss sogar um zwölf Prozent drücken.



ANGST VOR WÄHRUNGSKRIEG

Gewinnt der Dollar wegen steigender Zinsen weiter an Wert, dürfte das noch stärker auf die Bilanzen durchschlagen: Geringere Investitionen und Neueinstellungen wären die Folge, die Konjunktur könnte Schwung verlieren. US-Finanzminister Jack Lew warnte die Partner im Kreis der großen Industrie- und Schwellenländer (G20) jüngst davor, mit gezielten Abwertungen ihrer Währung einseitige Handelsvorteile zu suchen. Auch wenn keine Absicht unterstellt werden kann, zeigt die ultra-lockere Geldpolitik in vielen Währungsräumen Folgen: Japan hat damit den Yen in den vergangenen Jahren auf Talfahrt geschickt. Und die EZB hat mit der angekündigten Geldschwemme von mehr als einer Billion Euro die europäische Gemeinschaftswährung ebenfalls de facto abgewertet.



ARBEITSMARKT NOCH KEIN SELBSTLÄUFER

Keine Frage: Der Jobmotor in den USA läuft wieder. Zwölf Monate in Folge wurden jeweils mehr als 200.000 Arbeitsplätze geschaffen - eine so lange Boomphase hat es seit 1994 nicht mehr gegeben. Doch es ist nicht alles Gold, was glänzt. "Der Fortschritt bei der Beschäftigung könnte nicht so groß sein, wie er aussieht", warnt Notenbanker Dennis Lockhart. Die Arbeitslosenquote ist auch deshalb gesunken, weil Millionen Amerikaner keinen Job mehr aktiv suchen und aus der Statistik herausfallen. Viele andere halten sich mit Teilzeitjobs über Wasser. Die Fed sieht dies mit Sorge: "Viele Teilnehmer beobachten, dass eine verfrühte Zinserhöhung die scheinbar solide Erholung in der Realwirtschaft und am Arbeitsmarkt dämpfen könnten", heißt es im Fed-Protokoll.



DIE PREISE SIND IM KELLER

Die Notenbank strebt eine Inflationsrate von zwei Prozent an. Doch im Dezember stiegen die Preise nur um 0,8 Prozent - das ist der niedrigste Wert seit Oktober 2009. Insbesondere das billige Öl sorgt in der Autofahrer-Nation dafür, dass beim Tanken das Portemonnaie geschont wird. Doch was die Verbraucher freut, macht der Fed zu schaffen. Denn sobald sich Konsumenten auf sinkende Preise einstellen, könnte eine deflationäre Abwärtsspirale aus fallenden Löhnen und stockenden Investitionen in Gang kommen, die die Wirtschaft auf Jahre lähmt.

Laut Fed-Beobachter Bernd Weidensteiner von der Commerzbank hat die Fed daher besonders die Gehaltsentwicklung fest im Blick: "Sie will stärkere Lohnzuwächse sehen." Das Kalkül dahinter: Wenn die Firmen bei anhaltend guter Konjunkturlage verstärkt um Arbeitskräfte konkurrieren, steigen die Gehälter. Ein kräftiges Lohnplus gilt als beste Versicherung gegen eine Deflation und könnte dem Konsum als Stütze des Aufschwungs einen zusätzlichen Kick geben.



RISIKEN AUS ÜBERSEE

Ausdrücklich verweisen die Notenbanker auf das schwächere Wachstum in China. Das Reich der Mitte ist nach den USA die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt und war lange Zeit der Konjunkturmotor. Zugleich blickt die Fed mit Sorge auf die Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten sowie auf die maue Konjunktur in vielen Euro-Ländern, wo die Schuldenkrise noch immer nicht verdaut ist. Auch wegen dieser Risiken scheint für die Notenbank in Washington Abwarten in Sachen Zinsen die klügere Strategie. Commerzbank-Experte Weidensteiner hält es nun für wahrscheinlich, dass die Fed "wahrscheinlich erst im September" den geldpolitischen Krisenmodus verlassen wird.

Reuters