Die Quartalszahlen von Infineon sind gar nicht so schlecht ausgefallen. Doch die Aktie des Chip-Herstellers stürzt an der Börse ab und ist mit Abstand größter Tagesverlierer im DAX. Die Branchen-Konkurrenten AMD, Intel und Qualcomm meldeten zuletzt gemischte Zahlen. Der Ausblick spricht für alle vier Werte. Oder?
Beim Chiphersteller Infineon hat sich im dritten Quartal die Entwicklung im Vergleich zu den drei Monaten davor leicht abgeschwächt. Der Halbleitermarkt zeige dabei weiterhin ein gemischtes Bild mit Licht und Schatten, erklärte Vorstandschef Jochen Hanebeck bei der Veröffentlichung der Zahlen am Donnerstag-Morgen. So sorgten Elektromobilität und erneuerbare Energien sowie die damit verbundenen Anwendungsbereiche für eine stabil hohe Nachfrage. Dagegen sei der Bedarf zum Beispiel für Konsumenten-Anwendungen, wie PCs und Smartphones, nach wie vor gering.
In der Chipbranche ist der Vergleich zum Vorquartal wegen der Volatilität des Geschäfts üblich. Im Vergleich zum Vorjahr konnte Infineon bei allen Kennziffern kräftige Zuwächse erreichen. Die Jahresprognose bekräftigte der Chiphersteller.
Segment-Ergebnis und Investitionspläne sorgen für Kurssturz
Zu den Details: Im abgelaufenen dritten Quartal des Geschäftsjahres bis Ende September erwirtschaftete Infineon Erlöse von 4,1 Milliarden Euro – das ist ein Prozent weniger als im Vorquartal. Das wichtige Segment-Ergebnis ging hingegen um zehn Prozent auf 1,1 Milliarden Euro zurück. Nach Steuern verdiente Infineon aber mit 831 Millionen Euro ein Prozent mehr. Die Analysten von Jefferies verweisen auf die sich abschwächenden Margentrends. Marktteilnehmer könnten sich daher Sorgen machen um den Ausblick von Infineon.
Der Konzern will unterdessen seine Investitionen in das Werk im malaysischen Kulim massiv aufstocken. In den kommenden fünf Jahren sollen zusätzlich bis zu fünf Milliarden Euro für den Bau ausgegeben werden, teilte das Unternehmen am Donnerstag mit. Damit entstehe die weltweit größte Fabrik für Siliziumkarbid-Leistungshalbleiter auf 200 Millimeter-Wafern. Das Unternehmen verspricht sich von der erweiterten Anlage – zusammen mit dem Werk im österreichischen Villach – jährliche Erlöse von sieben Milliarden Euro.
Die ersten Kunden für die SiC-Halbleiter sind bereits gefunden: Bei den Autobauern sind es unter anderem Ford sowie SAIC und Chery aus China, daneben SolarEdge sowie drei führende chinesische Photovoltaik-Hersteller. Insgesamt seien Kundenzusagen in Höhe von fünf Milliarden Euro sowie eine Milliarde Euro Vorauszahlungen eingegangen. Ziel für Infineon sei es, bis zum Ende des Jahrzehnts einen Marktanteil von 30 Prozent bei Siliziumkarbid-Halbleitern zu erreichen.
An der Börse kommen die Pläne und auch die wenig berauschenden Quartalszahlen weniger gut an: Infineon-Aktien stürzen zeitweilig prozentual zweistellig auf unter 34 Euro ab und sind damit am Vormittag weit abgeschlagen Schlusslicht im DAX.
AMD, Intel und Qualcomm mit gemischten Entwicklungen
Infineon erwirtschaftet einen großen Teil seines Umsatzes mit Leistungshalbleitern, die unter anderem in Elektroautos oder Solaranlagen benötigt werden. Andere Halbleiter-Hersteller wie AMD hatten zuletzt unter der Absatzschwäche von PCs zu leiden. Der Umsatz der Sparte, die Prozessoren für Notebooks und Desktop-Rechner verkauft, fiel im Jahresvergleich um rund 54 Prozent auf 998 Millionen US-Dollar. AMD nimmt dem größeren Rivalen Intel seit einigen Jahren Schritt um Schritt Marktanteile ab. Die AMD-Aktie legte nach den mageren Quartalszahlen zeitweise deutlich zu, steht am Donnerstag jedoch auch unter Abgabedruck.
Die Quartalszahlen von Intel waren vor einer Woche hingegen sehr gut ausgefallen, weshalb Intel-Aktien im Dow Jones Index kräftig zulegten. Nach einem guten Ausblick auf einem Analysten-Call sollte die Aktie in den kommenden Wochen ihre Erholung fortsetzen und die Marke von 40 US-Dollar ins Visier nehmen.
Qualcom – einer der wichtigsten Hersteller von Smartphone-Chips – hat heute Morgen bekannt gegeben, dass man keine baldige Erholung der weltweiten Smartphone-Verkäufe sehe und deshalb einen weiterem Stellenabbau plane. Die Qualcomm-Aktie steht am Donnerstag ebenfalls heftig unter Druck.
Vergleicht man die Kursentwicklung der vier genannten Chip-Aktien, hat Infineon im Jahresvergleich eindeutig die Nase vorn. Mit dem aktuellen Kurssturz hat sich allerdings das Chart-Bild der Chip-Aktie eingetrübt. Die Zone bei 32,50 Euro sollte dem DAX-Wert aber Unterstützung bieten. Engagierte Anleger bleiben dabei. Auf gedrücktem Niveau lohnen sogar Nachkäufe.
BÖRSE ONLINE hat für die Infineon-Aktie Ende Juli ein längerfristiges Kursziel von 48 Euro ausgegeben, eine Stop-Order sollte bei 29 Euro platziert werden. Auch die anderen drei Werte haben längerfristig Chancen, denn deren Produkte bleiben auf absehbare Zeit unverzichtbar.
Übrigens: Die Infineon-Aktie befindet sich zusammen mit 14 weiteren Halbleiter-Aktien wie Nvidia, TSMC oder Intel im BÖRSE ONLINE Chip-Power-Index.
(Mit Material von Reuters und dpa-AFX)
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Autor hält unmittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Infineon, Qualcomm.